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Die Künstlerin Sophie Taeuber-Arp auf der Schweizer 50-Franken-Banknote. Im TV wird sie nicht gewürdigt.

© dpa

Ärger bei den Eidgenossen: Schweizer TV-Reihe spart sich die Frauen

Vorbild war die ZDF-Historienserie „Die Deutschen“. Doch dem Eidgenossen-TV fehlte es für die Doku-Fiction „Die Schweizer“ an Geld. Die höchst umstrittene Lösung: Folgen über bedeutende Frauen wurden gestrichen. Nun fegt ein Sturm der Entrüstung durch die Alpenrepublik.

Eidgenossen nehmen ihre berühmteste Frauenfigur täglich in die Hand: Helvetia mit Schild, Speer und Lorbeerkranz ziert die Ein- und Zwei-Frankenmünzen. Auch Libertas, Göttin der Freiheit, ist auf verschiedenen Schweizer Geldstücken abgebildet.

Gemeinsam kommen die weiblich geprägten Münzen auf drei Franken und 85 Rappen. Genug der Ehre für Frauen, scheinen sich die Macher einer fünf Millionen Franken teuren Historienserie der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) gedacht zu haben: Für die Doku-Fiction „Die Schweizer“ haben sie allein Männer porträtiert. Nun fegt ein Sturm der Entrüstung durch die Alpenrepublik.

„Schon der Titel macht klar, dass die Frauen mit dieser Serie nicht angesprochen sind“, kritisierte Parlamentspräsidentin Maya Graf von den Grünen in der Zeitung „Schweiz am Sonntag“. „Es ist unfassbar“, schimpfte deren christdemokratische Vorgängerin Judith Stamm, „dass wir noch immer gegen ein einseitiges Geschichtsbild kämpfen müssen“.

Inspiriert wurde die Historiendoku durch den populären ZDF-Zwanzigteiler „Die Deutschen“. Zwar war auch der nicht gerade eine Versammlung weiblicher Heldengestalten. Aber es war - etwa mit der Folge „Hildegard von Bingen: Macht der Frauen“ - das Bemühen der Mainzer erkennbar, Geschichte nicht bloß als Abfolge männlicher Großtaten darzustellen.

Ähnlich wie ihre deutschen Kollegen waren auch die Schweizer Serienproduzenten mit der Tatsache konfrontiert, dass Frauen Jahrhunderte lang in einer von Männern dominierten Gesellschaft und Geschichtsschreibung kaum Führungsrollen einnehmen konnten - nicht bei der Schlacht von Morgarten 1315 gegen die habsburgischen Unterdrücker und auch noch nicht bei den großen Schweizer Eisenbahn- und Tunnelbauten des 19. Jahrhunderts.

Doch anfangs standen auch Frauen auf der SRG-Projektliste, wie die „Schweiz am Sonntag“ herausbekam. Unter ihnen war die Malerin Angelika Kauffmann (1741-1807), neben Mary Moser das einzige weibliche Gründungsmitglied der Royal Academy in London. Ebenso Meta von Salis (1855-1929) - die erste Historikerin der Schweiz war eine Vorkämpferin für das Frauenstimmrecht. Das führte die Schweiz allerdings erst 1971 ein. Jahrzehnte nach anderen europäischen Ländern und erst, nachdem der männliche Teil der Eidgenossenschaft diesen Schritt in einer Volksabstimmung genehmigt hatte.

Der Grund für den „Rauswurf“ der Frauen aus der Serie ist pikant: Für die eigentlich geplanten zehn Folgen fehlte es angesichts von Sparzwängen an Geld. In den Phasen der Schweizer Geschichte, die nach dem Rotstift noch übrig blieben, habe halt „keine Frau belegbaren Einfluss“ gehabt, zitierte die „Berner Zeitung“ SRG-Projektleiter Mariano Tschuor.

Mit dieser Argumentation schreibe die SRG die Praxis früherer Jahrhunderte fort, „dass Frauen nichts zu sagen hatten“, schimpfte die sozialdemokratische Politikerin Anita Fetz. „Dass eine öffentlich-rechtliche, gebührenfinanzierte Institution wie die SRG im Jahr 2013 nur von Männern geführt wird, ist der eigentliche Skandal.“ (dpa)

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