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Brian Ngopan beim Altstadt-Sommerfest in Bad Belzig.

© Arte

Arte-Doku: Brandenburger Freiheit

Konfrontation mit deutscher Bürokratie und Kultur: Ein unaufgeregter, humorvoller Arte-Dokumentarfilm über zwei Asylbewerber in der Mark.

Farid Sahimi und sein Bruder glaubten, der Schlepper hätte sie in ein Flugzeug Richtung Schweiz gesetzt. Dann landeten die beiden Iraner in Berlin und wurden in einem Asylbewerberheim in Brandenburg untergebracht. „Wir dachten, Deutschland ist voller Nazis, Hitler lebt noch“, sagt Farid lachend. „Doch als ich dann da war, fand ich es hier schön.“ Farid pflegt täglich den Kontakt mit seiner Familie und schreibt seiner Frau rührende Liebesbriefe. Aber er versucht auch Anschluss zu finden, gibt im Fitnesszentrum Unterricht in Kampfkunst oder sucht beim Pfarrer Rat. Seine größte Angst: Seine Frau, die ihn wegen seiner Teilnahme an Demonstrationen gescholten hatte, könnte sich trennen, denn das Asylverfahren in Deutschland zieht sich. Es dauert so lange, dass Farid verzweifelt und zur Therapie in eine Klinik geht.

Brian Ngopan aus Kamerun, der zweite Protagonist in dem Dokumentarfilm „Land in Sicht“, wirkt optimistischer, spaziert durch die Straßen von Bad Belzig und grüßt freundlich die Passanten. „Ich bin wie ein Vorhang“, sagt er. „Wohin der Wind mich bläst, ich bin bereit.“ Brian singt in einem Chor, versucht sich vergeblich als Verkäufer in einer offenbar auf Afrikaner spezialisierten Versicherungsagentur und muss schließlich die Ablehnung seines Asylantrags verkraften. Vorerst wird er geduldet, weil noch Papiere fehlen. Doch was nun? Vielleicht eine deutsche Frau heiraten? Brian besucht eine Disco, ist aber nicht recht bei der Sache. „Das ist es mir nicht wert. Meine Freiheit ist mir wichtig“, sagt er zu seinem Mitbewohner John. „Frei bist du nur“, antwortet John, „wenn du diesen Aufenthalt hast.“

Potenzial im eigenen Programm

Dieser unaufgeregte und auch humorvolle Blick auf das aktuell umstrittene Thema kommt gerade recht. „Land in Sicht“ von den Grimme-Preisträgerinnen Antje Kruska und Judith Keil („Der Glanz von Berlin“) erzählt unkommentiert und vorurteilsfrei vom Alltag zweier Asylbewerber – und von ihrer Konfrontation mit deutscher Bürokratie und Kultur. Der Film lief vor einem Jahr in einer 97 Minuten langen Fassung im Kino. Als Koproduzenten beteiligten sich die Fernsehsender Arte und RBB an der Finanzierung. Damit leistet das öffentlich-rechtliche System seinen Beitrag zur Filmkultur – und schöpft das Potenzial im eigenen Programm doch nicht aus. Leider gibt es auch bei Arte nur wenige Sendeplätze für den „abendfüllenden“ Dokumentarfilm, sodass fürs Fernsehen von Anfang an eine eigene Fassung vorgesehen war. Gekürzt um satte 44 Minuten und um die komplette Geschichte eines dritten Protagonisten. Thomas Gehringer

„Land in Sicht“, Arte, Freitag, um 22 Uhr 40

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