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Der Ball ist ECKIG: Die Null muss stehen

Für Hans Magnus Enzensberger war das Fernsehen ein "Nullmedium". Wie recht er damit hatte, zeigen derzeit die Kommentare einiger Fußball-Experten.

Wenn man wieder einmal von mittags bis in die Nacht ausschließlich Fußball geguckt und sich vor allem mit den Vor- und Nachlesen der WM-Spiele beschäftigt hat, die ja mehr Sendezeit füllen als die Spiele an sich, kommt einem unweigerlich Hans Magnus Enzensbergers These vom „Nullmedium Fernsehen“ in den Sinn, vom Fernseher als „buddhistische Maschine“. Abgesehen davon, dass vielleicht der Fußball selbst ein Nullmedium ist, zumindest sein Drumherum, und gerade ein langweiliges Fußballspiel eine buddhistische Maschine, so wusste Enzensberger, dass die vom Zuschauer im Idealfall angestrebte „vollkommene Leere“ unerreichbar bleibt. Will heißen: Irgendwas ist immer, ein Inhaltsrest glimmt immer. So lernte man etwa beim Spiel Schweiz gegen Chile, was „die Chilenen“ eigentlich für welche sind: „heißblütig“, wie es im ZDF-Trailer hieß, (die Chilenen gelten als Preußen Lateinamerikas, aber nun gut); eine „fiese Truppe“, wie es Oliver Kahn eingangs wusste (wenngleich „flink und quirlig“); eine Truppe, die mit allen Mitteln bis hin zur übertriebenen Theatralik arbeitet, wie Kahn nach der Roten Karte für einen Schweizer analysierte, und überhaupt: Alle südamerikanischen Truppen seien so.

Als dann noch in einem Bericht über die deutsche Mannschaft – natürlich nur spielerisch! – insinuiert wurde, die Deutschen müssten sich gegen Ghana genauso vorsehen wie vor den in den Sümpfen hinter dem deutschen Quartier lauernden Leguanen, war die Nationenkunde komplett. Es fehlte nur noch „der Saudi“, der besser Öl fördern sollte als Spiele wie Schweiz gegen Chile solcherart zu verpfeifen. Da lobt man doch lieber einen Claus Lufen, der es selbst an einem Tag, den Joachim Löw zu einem medienfreien bestimmt hat, schafft, vor dem Quartier der Deutschen auszuharren und ständig für das Erste zu berichten. Die Null, das weiß ein Lufen in diesen Tagen nur zu gut, muss stehen. Alles andere ergibt sich. Gerrit Bartels

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