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Auge in Auge. Nofretete auf dem Schreibtisch von James Simon. Foto: 3sat

© David Sünderhauf

Medien: Der große Gönner

Eine Doku würdigt den Mäzen James Simon.

Wer die Nofretete auratisch ausgeleuchtet in ihrem Kuppelsaal im Neuen Museum besucht, der wird nach einiger Zeit noch eine weitere Büste entdecken, eher im Schatten, am Rande. Sie bildet den Mäzen James Simon ab, jenen Mann, der den Berliner Museen ihr berühmtestes Stück schenkte und auch sonst die Häuser der Museumsinsel mit Kostbarkeiten füllte. Zum Dank wird das gerade neu entstehende Entree samt Ausstellungshalle nach ihm benannt: James-Simon-Galerie.

Ganz vergessen ist der große Gönner also nicht, wie der Untertitel von Carola Wedels Dokumentation im Rahmen der Reihe „Jahrhundertprojekt Museumsinsel“ weismachen will. Trotzdem ist Simon bis heute eine vage Figur geblieben, geradezu legendär durch seine Großzügigkeit, kaum noch greifbar durch die Verfolgung der Familie im Dritten Reich und Vernichtung der meisten Dokumente. Der jüdische Kaufmann starb ein Jahr vor der Machtübernahme: zurückgezogen, da sein Unternehmen durch Erliegen des Baumwollhandels und die Inflation in Konkurs gegangen war, enttäuscht von den Museen, die Nofretete den Ägyptern nicht zurückgeben wollten.

Durch den Film „Der Mann, der Nofretete verschenkte“ aber kehrt James Simon zurück, gewinnt sein Name erneut Kontur. Als Mitglied von über sechzig Vereinen, als Gründer öffentlicher Badehäuser, von Heimen für misshandelte Kinder und Ferienkolonien, als Unterstützer emigrierter Juden aus Osteuropa und gefragter Gesprächspartner Kaiser Wilhelms II. muss Simon eine schillernde Persönlichkeit gewesen sein und blieb doch bescheiden. Zur Eröffnung des Bode-Museums, dem er über 400 Werke schenkte, kam er nicht, weil seine Frau unpässlich war. Auch bei der Erstpräsentation der Nofretete im Ägyptischen Museum ließ er sich entschuldigen.

Die Dokumentation besticht. Ihr gelingt ein anschauliches Bild der damaligen Zeit durch historisches Filmmaterial, das geschickt mit den wenigen erhaltenen Fotos von James Simon verbunden wird. Selbst die spielfilmähnlichen Sequenzen, denen in anderen Dokumentationen quälende Betulichkeit anhaftet, wirken hier nicht banal, sondern tatsächlich erhellend. Gemeinsam mit Historikern, Museumsleuten, der Urenkelin geht der Film der Frage nach: Was trieb diesen Mann an? Ganz nebenbei führt das Porträt auch noch vor, wie viel den Mäzen von heutigen Sammlern unterscheidet, die es ebenfalls ins Museum drängt. „James Simon hat keine Gegenleistungen in Anspruch genommen“, so heutige Zeitgenossen staunend. „Er schenkte um der Sache willen.“

Als Jude besaß Simon längst nicht alle verfassungsmäßigen Rechte und bekam durchaus antisemitische Ressentiments zu spüren. Als patriotischer Preuße aber wollte er sich trotzdem für sein Land engagieren und die junge Museumsinsel gestalten helfen. Der internationale Wettlauf der Archäologen im Vorderen Orient war eine willkommene Gelegenheit für den erfolgreichen Geschäftsmann und heimlichen Altphilologen sich einzubringen. Als Finanzier der Kampagne von Tell-Amarna und Besitzer der Grabungslizenz ging 1912 an ihn der bedeutendste Schatz, die Nofretete. Lange Zeit stand die Schöne auf dem Kaminsims der heimischen Villa im Tiergarten. Aus heutiger Sicht ein Kuriosum, doch der Weg ins Museum war für sie von dort aus ohnehin vorherbestimmt. Nicola Kuhn

„Der Mann, der Nofretete verschenkte“, 3sat, 20 Uhr 15; ZDF, 9. 12., 0 Uhr 45

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