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Medien: Der Medienkaiser

Monarchen, Kanzler, Journalisten: eine Diskussion

Wilhelm II. war zwar der letzte deutsche Kaiser. Aber er war auch der erste europäische Monarch, der es verstand, die noch jungen Massenmedien Fotografie und Film für seine Zwecke einzusetzen. Die Ausstellung „Der Kaiser und die Macht der Medien“ im Schloss Charlottenburg zeigt eindrucksvoll, wie Wilhelm sich und seine Hohenzollern in der Öffentlichkeit inszenierte, wie er um die Sympathie seiner Untertanen buhlte. Er war die meistfotografierte und -gefilmte Person des beginnenden 20. Jahrhunderts. Der Historiker Michael Stürmer nennt ihn einen „Staatsschauspieler“.

Es liegt daher nahe, in den Selbstdarstellungsversuchen der Monarchie frühe Vorläufer heutiger Inszenierungen von Politik und Macht zu sehen. „Die Kaiser, die Kanzler und die Medien“, hieß die vom „RBB Inforadio“ übertragene Diskussionsveranstaltung im Schloss Charlottenburg, die versuchte, die Medienstrategien von damals und heute zu vergleichen. Die Diskutanten verpassten es jedoch, einen medienhistorischen Vergleich beider Epochen anzustellen, taten stattdessen so, als ob es eine Kontinuität zwischen der Hofberichterstattung im Kaiserreich und dem kritischen Journalismus in der Bundesrepublik gäbe.

So wollte Moderator Alfred Eichhorn wiederholt wissen, was denn die Kanzlerin vom Kaiser lernen könne. Den stellvertretenden Regierungssprecher Thomas Steg fragte er gar, ob dieser nicht damals schon gerne Regierungssprecher gewesen wäre. Steg antwortete ausweichend.

Der Gleichsetzung Eichhorns von Medienkanzler Gerhard Schröder und Medienkaiser Wilhelm II. widersprach er dann aber doch, dementierte, dass Schröder gesagt habe, er könne „mit Bild, BamS und Glotze“ regieren. Der „FAZ“-Kulturjournalist Andreas Kilb ernannte Wilhelm II. zum Erfinder des Formats Homestory. Der Monarch habe es genial verstanden, sein Privatleben öffentlich auszustellen. Kilbs Bemühung um eine differenzierte Erörterung der Funktion von Journalismus in Kaiserreich und Bundesrepublik stieß indes auf wenig Gegenliebe.

Die Autorin Wibke Bruhns bekannte, von den Familienbildern der Hohenzollern gar nicht genug zu bekommen. Höhepunkt der Restaurationsbemühungen war da der Ausruf des Kurators der Ausstellung, Jürgen Luh: „Wir profitieren von dem, was damals angeregt wurde.“ Die Frage, was die Kanzler im Umgang mit den Medien vom Führer lernen könnten, verbietet sich. Was sie sich beim Kaiser abschauen mögen, darf man wohl wieder fragen.

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