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Hochzeitsmagazine: Die Wedding-Planer

Nicht nur für Bräute: Warum Hochzeitsmagazine als Ratgeber für einen „Traum in Weiß“ so beliebt sind

Vorsichtshalber wird der Bräutigam noch einmal erinnert: Auch Männer dürfen am Hochzeitstag Emotionen zeigen – könnte ja glatt vergessen werden in all der Aufregung, fürchtet die „Hochzeit“. Das Magazin kennt sich aus mit den großen Gefühlen am großen Tag. Seit 41 Jahren erscheint das Hochglanzblatt und ist damit die älteste Hochzeitszeitschrift in Deutschland. In den USA und England sind Kioske voll mit Magazinen rund um den „Traum in Weiß“, hierzulande erscheinen dagegen bisher nur eine handvoll solcher Zeitschriften – doch der Bedarf scheint zu steigen. Erst im Frühjahr ist mit „Braut.de“ im Verlag AVR, der auch den „Hochzeitsplaner“, „Meine Brautfrisur“ und „Mein Brautkleid“ herausgibt, ein neues Blatt gelauncht worden. Während viele Zeitschriften derzeit unter der Wirtschafts- und Anzeigenkrise leiden, geht es dem Markt der Hochzeitsblätter vergleichsweise gut: „Wegen der Krise wird ja keine Hochzeit abgesagt“, sagte „Hochzeit“-Chefredakteurin Marina Litterscheidt.

Die Magazine profitieren davon, dass sich rund ums Heiraten längst ein eigener Markt gebildet hat: Kleider, Ringe, Torten, Sträuße und Karten in den verschiedensten Formen, Farben und vor allem Preisklassen – eine Vielfalt, die viele Paare verunsichere, sagt „Weddingstyle“-Chefredakteurin Christine Sperl: „Im Vergleich zu früher heiraten Paare heute später und bezahlen ihre Hochzeit oft selbst, statt sie von den Eltern finanzieren zu lassen. Entsprechend größer ist oft das Budget und damit auch der Anspruch, das möglichst alles perfekt ist.“

Die Hochzeitsmagazine verstehen sich deshalb als Ratgeber für einen „Traum in Weiß“, sie sind Weddingplaner in gedruckter Form.

Der „Hochzeitsplaner“, der vierteljährlich im handlichen Pocketformat erscheint und als einziges der Blätter IVW gemeldet ist, verkaufte im ersten Quartal 2009 rund 14 500 Exemplare. Das Magazin will vor allem Organisationshilfe sein: Budgetrechner, Polterabendplaner, Last-Minute-Listen („Ringe nicht vergessen“) werden nicht nur im Heft abgedruckt, sondern sind auch auf der Homepage www.hochzeitsplaner.de zum Runterladen zu finden. Auch die anderen Blätter bieten solche vorgefertigten Planungsvorlagen, damit nichts vergessen wird, denn die Hochzeit ist inzwischen oft ein mehrtägiges Event. „Ein bis zwei Jahre Vorbereitung sind deshalb heute üblich“, sagt Susann Lippe-Bernard, Chefredakteurin von „Braut & Bräutigam“. Und manchmal ist das Magazin sogar erst Auslöser für einen Antrag, hat sie von ihren Leserinnen erfahren. Demonstrativ würde die Zeitschrift dann auf dem Wohnzimmertisch platziert, eine Art „Wink mit dem Brautstrauß“ für den Partner.

In der „Hochzeit“ wird dann auch gleich erklärt, wie man ein Antrag macht – allerdings wenig innovativ: einen Diamantring im Sektglas verstecken, Rosenblätter in der gemeinsamen Wohnung verstreuen oder mit einem Strauß in der Hand niederknien, sind die Vorschläge. Ist die Frage aller Fragen erst einmal gestellt, scheinen Männer bis zum „Ja“ vor dem Standesbeamten allerdings nichtmehr viel zu sagen zu haben – zumindest sind die Magazine fast ausschließlich auf Frauen ausgerichtet. Seitenweise Kleider und Unterwäsche, Frisur- und Make-Up-Tipps, Dekorationsideen und Bastelanleitungen für Karten und Rezepte für Torten. Kein Wunder also, dass die Blätter auch zu fast 100 Prozent von Frauen gekauft werden. Aber nicht nur von Bräuten, auch von Müttern, Schwestern und Trauzeuginnen, sagt Susann Lippe-Bernard und erklärt es sich damit, dass die Magazine auch ein Stück des „Kleinmädchentraums“ bieten, zumindest einen Tag lang Prinzessin zu sein.

„Etwa vier Ausgaben liest jede Braut durchschnittlich“, sagt Marina Litterscheidt von der „Hochzeit“, die sechs Mal jährlich zum Preis von 5,90 Euro erscheint. Hochkonjunktur haben die Hefte im Winter, dann, wenn der große Tag im Sommer vorbereitet wird.

Doch während die „Hochzeit“ früher noch über die passende Aussteuer berichtete und aufklärte, dass die Frau beim Mann um offizielle Erlaubnis bitten musste, wenn sie arbeiten gehen wollte, gibt’s heute Reisetipps für den Honeymoon auf Barbados oder Mauritius.

„Wir wollen dem Paar helfen, herauszufinden, welcher Stil am besten zu ihnen passt“, sagt „Weddingstyle“-Chefredakteurin Christine Sperl, die früher selber als Weddingplanerin gearbeitet hat. Dazu dienen sollen auch die vielen „echten“ Hochzeiten im Heft, die nicht für eine Fotostrecke gestellt sind. Paare lassen sich dabei am Tag ihrer Trauung begleiten und erzählen ihre persönliche Geschichte im Heft. „Braut.de“, die im Dezember erneut erscheinen soll, baut auf solchen persönlichen Erlebnissen sogar komplett auf. Die Nutzerinnen des gleichnamigen Internetforums hatten sich gewünscht, nicht nur über „Hochglanz“-Hochzeiten lesen zu können.

Dass eine Ehe auch wieder geschieden werden könnte, wird in den Blättern natürlich verschwiegen – aber gerade in der hohen Scheidungsrate liegt nach Ansicht von Susann Lippe-Bernard die Herausforderung für die Magazine. Die Zielgruppe zersplittere immer mehr, ein Viertel der Bräute heirate zum zweiten oder mehrfachen Mal. „Wir dürfen uns deshalb nicht nur auf ,weiße Bräute’ konzentrieren“, sagt sie. Aber ob zum ersten oder fünften Mal geheiratet wird – für alle dürfte gelten, was Braut Kristin nach ihrer Hochzeit der „Weddingstyle“ sagte: „Man kann nie alles planen.“ Auch keine Tränen.

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