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Weniger Deutsche im Internet. DIVSI-Direktor Matthias Kammer erläutert die Ergebnisse einer Studie zu Vertrauen und Sicherheit im Internet.

© dapd

Digital Outsiders: Aus Angst, das Internet zu löschen

Fast doppelt so viele Deutsche wie bislang angenommen sind „Digital Outsiders“. Zu den Menschen ohne technischen Anschluss ans Netz kommen einer Studie zufolge weitere Millionen Internet-Verunsicherte, die das Netz so gut überhaupt nicht nutzen.

Das Internet ist in Deutschland weit weniger stark verbreitet als bislang angenommen. 27 Millionen Deutsche und damit fast 40 Prozent der Bundesbürger sind „Digital Outsiders“, ergab eine am Dienstag in Berlin vorgestellte repräsentative Studie des Sinus-Instituts aus Heidelberg. Zu dieser Gruppe gehören auch jene Menschen, die zwar über einen Internetanschluss verfügen, im Umgang mit dem Netz aber so verunsichert sind, das sie das Internet so gut wie gar nicht nutzen. „Diese Menschen haben Angst, das Internet zu löschen, wenn sie die falsche Taste drücken“, sagte Matthias Kammer, Direktor des gemeinnützigen Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI), das die Studie in Auftrag gegeben hatte. Das Institut hatte zur Cebit 2011 seine Arbeit aufgenommen und wird von der Deutschen Post unterstützt. Schirmherr des DIVSI ist Joachim Gauck, dessen Tätigkeit allerdings ruht, seitdem er zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert wurde.
Zu den Ergebnissen der Milieu-Studie gehört eine Neudefinition der Digitalen Spaltung. Bislang wurde die Internetwelt vor allem in On- und Offliner unterteilt. In der Sinus-Studie werden hingegen drei Gruppen definiert. Eine Gruppe sind die „Digital Outsiders“, die keinen technischen Zugang zum Internet haben oder das Netz höchstens in Begleitung beispielsweise ihrer Kinder oder Enkel einsetzen. Von den Internet-Verunsicherten werden zwei Drittel vermutlich auch in Zukunft das Netz nicht stärker einsetzen. Die „Digital Immigrants“, rund 14 Millionen Deutsche, begrüßen dagegen den technischen Fortschritt und nutzen das Internet gezielt für ihre Zwecke. Allerdings betrachten sie mit Sorge, wie insbesondere die sozialen Netzwerke die Persönlichkeitssphäre immer weiter offenlegen. Sie halten das Internet prinzipiell für eine gute Sache, kämen allerdings auch ohne gut zurecht. Die „Digital Natives“ nutzen das Internet hingegen nach der Maxime „Ich surfe also bin ich“. Viele von ihnen gestalten das Internet aktiv mit und sind ansonsten der Meinung, dass jeder Internet-Nutzer selbst für seine Sicherheit im Netz sorgen muss.

Ein Graben verläuft der Studie zufolge zwischen den „Digital Outsiders“ und den Gruppen der „Digital Immigrants“ sowie den „Digital Natives“ und ist im Wesentlichen mit der Trennung in On- und Offliner zu vergleichen. Der Sinus-Studie zufolge ist der Graben zwischen den „Digital Natives“ und den anderen beiden Gruppen jedoch mindestens genauso tief. Die „Digital Natives“ bewegen sich so selbstverständlich im Internet, dass sie die Sorgen und Ängste der anderen Menschen gar nicht mehr nachvollziehen können. Dies spiegele sich auch in dem unterschiedlichen Sicherheitsbedürfnis wieder. So erwarten fast zwei Drittel der Deutschen, dass Staat und Wirtschaft aktiv für Sicherheit im Internet sorgen. 26 Prozent der Menschen, bei denen es sich vor allem um die „Digital Natives“ handelt, lehnen dagegen jegliche Einmischung ab. „Wer sich im Internet nicht auskennt, fordert Schutz. Doch wer sich sicher fühlt, wünscht Freiheit“, fasste Kammer dieses Ergebnis zusammen.

Welche konkreten Schlüsse politisch und wirtschaftlich aus der Studie gezogen werden müssten, sei bislang noch nicht behandelt worden, sagte der Direktor des Post-nahen Instituts. Handlungsanweisungen für den E-Post-Brief gebe es nicht. Die große gesellschaftspolitische Aufgabe bestehe darin, die unterschiedlichen Welten zu versöhnen, also die Verbindung von „Freiheit mit Sicherheit“ herzustellen. Ein Ziel, das tatsächlich nicht weit vom künftigen Bundespräsidenten entfernt ist.

Für die Studie wurden zur Jahreswende 2047 Personen direkt befragt. Die komplette Studie steht auf der Homepage des DIVSI zum Download zur Verfügung.

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