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Wir wollen die Netzneutralität nicht aufweichen, sagt die Telekom. Daran gibt es Zweifel.

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Ende der Netzneutralität?: Wenn Qualität zum Killer-Argument wird

Kaum hat sich die Debatte um Netzneutralität beruhigt, haben Telekom und Vodafone ein neues Argument für unterschiedliche Preise im Internet gefunden: die Qualitätsklassen.

Diesen Satz hat vermutlich jeder Servicetechniker schon einmal gehört: „Hilfe, ich habe das Internet kaputt gemacht!“, heißt es dann, wenn versehentlich das Icon für den Internet Explorer vom Windows-Desktop gelöscht wurde und der Nutzer nun nicht mehr weiß, wie er ins World Wide Web gelangen soll. In dieser Woche hat sich aber auch Google-Chef Eric Schmidt sehr besorgt über Gefahren für das Internet geäußert. Durch den Überwachungsskandal um den allmächtigen US-Geheimdienst NSA könnte genau dieser Schaden entstehen, „am Ende droht das Internet zu zerbrechen“, warnte Schmidt auf einer Podiumsdiskussion in San Francisco. Dahinter steht insbesondere die Sorge, dass viele Länder ihre Daten als Konsequenz aus der Spähaffäre künftig vor allem auf lokalen Servern und nicht mehr in den USA speichern wollen, was nach Ansicht der US-Firmen in fundamentaler Opposition zum ursprünglichen Konzept des Netzes steht.

Solche Konzepte können sich freilich ändern, denn Flexibilität in Krisenzeiten ist eine der wichtigsten Eigenschaften des Internets. Können die Daten auf dem einen Weg nicht verschickt werden, gibt es immer einen anderen. Microsoft erwägt als Reaktion auf die Cloud-Sicherheitsdebatte so zum Beispiel die Kooperation mit einem deutschen Hostingpartner. Das Netz findet somit immer einen Weg. Allerdings ist es offenbar nur eine Frage der Zeit, wie lange überhaupt von dem einen alles verbindenden Netz gesprochen werden kann.

Telekom und Vodafone sprechen sich für Qualitätsklassen aus

Die beiden Telekommunikationsfirmen Deutsche Telekom und Vodafone haben in dieser Woche einen neuen Anlauf für ein Internet der verschiedenen Geschwindigkeiten genommen. Bei Beratungen mit dem Infrastrukturministerium von Alexander Dobrindt haben die Unternehmen für ihre Idee unterschiedlicher Qualitätsklassen im Internet geworben. So könne gewährleistet werden, dass zeitkritische Anwendungen insbesondere aus dem Medizinbereich und der Just-in-Time-Logistik garantiert ohne Aussetzer funktionierten. Was nicht gesagt wurde: Quality-of-Service-Vereinbarungen gehören seit langem zur Informationstechnik. Die Beschwichtigungen, dass mit den Qualitätsklassen die Netzneutralität in keinem Fall unterlaufen werden soll, wirken darum auch wenig glaubhaft.

Gleiches gilt aber auch für die Kritik der Netzneutralitätsverteidiger: Im Mobilfunksektor entscheidet der Vertragspreis seit langem über das Tempo der Datendienste. Und auch im stationären Internet werden Dienstleistungen gegen Ausfälle abgesichert. Dafür muss auch heute schon extra gezahlt werden, zum Teil durch eigene Technik, zum Teil durch Leitungen oder spezielle Tarife. Ein wenig mehr Ehrlichkeit würde darum beiden Seiten in der Netzneutralitätsdebatte nicht schaden.

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