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In Brüssel soll ein "Alarmzentrum" entstehen, das Journalisten kontaktieren können.

© dpa

Eine Million Euro Budget: Die EU plant „Alarmzentrum“ für die Pressefreiheit

Politik und Wirtschaft gewinnen in manchen Länder zunehmend Einfluss auf die Medien. Die EU will sich nun für mehr Pressefreiheit einsetzen.

Doris Pack findet das alles ein bisschen frustrierend. Wenn die Europaparlamentarierin Besucher in Brüssel empfängt, bekommt sie oft zu hören, dass in den Medien zu wenig über die Europäische Union (EU) berichtet wird. Deshalb hat die CDU-EVP-Abgeordnete jetzt einen ganzen Ordner mit Artikeln angelegt, um das Gegenteil zu beweisen.

Was Pack erlebt, steht beispielhaft für die widersprüchliche Wahrnehmung der EU-Berichterstattung, erklärt Susanne Fengler, Leiterin des EU-Forschungsprojekts MediaAct: „Die einen Leser schalten ab, sobald sie das Wort EU auch nur lesen. Die anderen wünschen sich noch viel mehr Informationen über die Arbeit in Brüssel.“

Wie ernst nehmen es Beitrittskandidaten mit der Pressefreiheit?

Zusammen mit Pack und dem EU-Kommissionssprecher Reinhard Hönighaus diskutierte Fengler am Freitag im Rahmen des Workshops „Europa kontrovers“, der von der Aktion Europa und dem Verband Freischreiber im Tagesspiegel-Verlagsgebäude veranstaltet wurde, nicht nur die Berichterstattung über die Union. Zentrales Thema war vor allem auch, wie bessere Voraussetzungen für mehr Medienvielfalt geschaffen werden können. Insbesondere bei den neuen Beitrittsländern werde sehr genau geprüft, wie es dort um die Pressefreiheit steht, sagte die Parlamentarierin Doris Pack. In krisengeschüttelten und vergleichsweise ärmeren Ländern wie den Balkanstaaten würden Politik und Wirtschaft einen zu großen Einfluss haben. Aber auch Journalisten in Spanien klagten im Rahmen der Eurokrise über eine zunehmende Abhängigkeit, berichtete Fengler anhand ihres Forschungsprojekts, für das sie rund 1700 Journalisten in 14 Ländern befragt hat.

Das "Alarmzentrum" soll mit einer Million Euro ausgestattet sein

Die EU will die Arbeit der Journalisten deshalb nun besser schützen, betonte Kommissionssprecher Hönighaus. Zum einen solle die Eigentümerschaft von Medienhäusern transparenter werden, damit mögliche Abhängigkeiten besser einschätzbar seien. Zum anderen sei ein „Alarmzentrum“ geplant, an das sich Journalisten direkt wenden können, wenn sie die Pressefreiheit bedroht sehen. Ausgestattet sein soll dieses Zentrum offenbar mit einem Budget von einer Million Euro. Welche Konsequenzen bei einem Alarm gezogen werden sollen, das steht offensichtlich noch nicht fest.

Die Journalisten selbst bewerten solche zusätzlichen Regulierungen durch die EU allerdings eher skeptisch, zeigt die Studie von Susanne Fengler. Sie fürchten, dass die Politik dann erst recht einen zu großen Einfluss auf den Journalismus gewinnt. Sonja Álvarez

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