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KissFM will der Sender der "Mudderstadt" Berlin sein. Das geht so lange gut, bis ein Neonazi vorbeischaut.

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Update

"Facetalk" legt nach: KissFM-Sondersendung nach Interview mit Neonazi-Rapper

Mal eben mit Rechtsaußen und Neonazi MaKss Damage talken? Das ging bei KissFM schief. Jetzt sprach der Berliner Radiosender in einer Sondersendung mit den Kritikern.

Für die Moderatoren des "Facetalk" war es die längste Woche in der Geschichte der KissFM-Radiosendung. Toyah Diebel und Lukas Klaschinski hatten dem Neonazi-Rapper MaKss Damage, der mit bürgerlichem Namen Julian Fritsch heißt, in ihrer Sendung ein Forum geboten und waren dafür massiv kritisiert worden. "Wir wollten die Absurdität dieses Gedankenguts aufzeigen. Wir haben diese Aufgabe unterschätzt", räumten die "Facetalk"-Moderatoren am gestrigen Sonntag ein.

Den Falschen mit Samthandschuhen angepackt

Zu Beginn einer einstündigen Sondersendung betonten Diebel und Klaschinski, dass es zur Haltung von KissFM gehört, etwas gegen Rechtsradikalismus zu tun und die Idiotie dahinter aufzuzeigen. "Wir haben jemand mit Samthandschuhen angepackt, der offen den Faschismus lebt", gestanden die "Facetalker" in der Sondersendung ein. "Ein Mensch, der schon so lange den Weg des Hasses geht, wird sich nicht in einer dreißigminütigen Sendung öffnen und ändern", räumten sie ein.

Nach der Sendung in der Vorwoche habe man sich ausgesprochen intensiv und kritisch mit dem Thema auseinandergesetzt – intern mit Team, Programmleitung und Experten, gestern Abend auch On Air, erklärte auf Anfrage Sendersprecherin Doro Manz. Eine Konsequenz sei nun die Sondersendung gewesen, mit der man unter anderem auf die Kritiker eingehen wollte. Gäste der Sendung waren: Sebastian von „Kein Bock auf Nazis“, Anna Groß vom Label „Springstoff“, Torsten Nagel vom „Regionalen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus“ aus Schleswig-Holstein und Bernd Siggelkow Pastor und Mitbegründer des Kinder- und Jugendwerk „die Arche“.

Julian Fritsch versteckt sich nicht, er rappt Zeilen wie „Ich leite Giftgas lyrisch in Siedlungen, die jüdisch sind“. Der KissFM-Talk ging schief, gründlich sogar. Seinen Höhepunkt hatten die 30 Minuten zwischen Kuchen- und Arschbacken, als Toyah Diebel MaKss Damage für seine „Toleranz“ lobte, weil er mit jedem reden würde, „der mir sachlich gegenübertritt“. Weder den Moderatoren noch dem Sender war klar, dass da ein Neonazi einen Auftritt für bekennenden Neonazismus geboten bekommen hatte, den er seitdem ausgiebig feiert.

Shitstorm gegen den "Facetalk"

Die Hörer aber hatten es bemerkt. Auch eine Woche später wird auf der Facebook-Seite des Senders und anderen Plattformen gegen den „Facetalk“ geschossen. Die Sendung ist im Giftschrank gelandet, York Strempel, Programmdirektor von KissFM, hatte zwischenzeitlich eine „Gegendarstellung“ auf www.kissfm.de versucht: „Jeder von Euch weiß, dass wir jegliches rechtes Gedankengut ablehnen, verurteilen und abscheulich finden.“ KissFM als „multikulturellem und integrativem Jugendradiosender der Hauptstadt ist es sehr wichtig, harte & emotional aufreibende Themen nicht zu ignorieren“.

Außerdem: Hatten sie in der besagten Sendung nicht auch den jüdischen Schriftsteller Shahak Shapira und den Imam Ali Özgür Özdil – quasi als Security-Maßnahme für die Moderatoren? Shapira beschwerte sich gerade in einem „Vice“-Beitrag, dass er statt zur zugesagten Live-Kontroverse mit Fritsch erst zu Wort kam, als der bereits aufgelegt hatte. Am Sonntag aber kam dann die Sondersendung.

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