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Zwei auf allen Kanälen: Jan Josef Liefers (links) und Axel Prahl fahren mit ihrem Münsteraner Tatort im TV wie online Zuschauerrekorde ein

© dpa

Fernsehen im Netz: Tauziehen der Mediatheken

Video on Demand macht's vor: Die privaten und öffentlich-rechtlichen Sender buhlen um Zuschauer im Netz - und wollen mit ihren Mediatheken immer bessere Angebote liefern. Jetzt denkt die Politik über eine Abschaffung der 7-Tage-Frist für Rundfunkinhalte nach.

Der Fernsehabend der Deutschen begann lange Zeit um 20 Uhr 15. Doch seit kommerzielle Video-on-Demand-Portale Serien und Spielfilme im Internet anbieten, ändern sich die Sehgewohnheiten der Zuschauer – und auch deren Ansprüche an das deutsche Fernsehen. Egal ob öffentlich-rechtliche oder private Sender: Die Angebote sollen frei, flexibel und immer verfügbar sein. Was im Programm noch à la carte funktioniert, wird online zum All-you-can-view-Buffett.

Die Geschmäcker sind da meist noch nahe beieinander: Der „Tatort“ ist im Fernsehen wie auch im Netz ein ARD-Highlight. Mit 1,6 Millionen Abrufen liegt die Münsteraner Folge „Die chinesische Prinzessin“ 2013 an erster Stelle, gefolgt vom ersten Schweiger-Tatort „Willkommen in Hamburg“ mit 1,4 Millionen Aufrufen. So sind die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender zur wichtigen Zweitwährung der Zuschauergunst geworden. Bei den „Tatorten“ kommt mittlerweile gut ein Zehntel der Zuschauerzahlen über das Internet.

Fast immer sei im Netz beliebt, was auch im Fernsehen Zuschauer zog, sagt eine ZDF-Sprecherin. So belegen die Folgen des „Adlon“-Dreiteilers und von „Unsere Mütter, unsere Väter“ die sechs ersten Plätze im Jahresranking der ZDF-Mediathek. Dann folgt das Satireformat der „heute-show“. Bei der ARD gehören neben den Sonntagskrimis vor allem große Reportagen zu den beliebtesten Videos. Der Report „Ausgeliefert!“ über Leiharbeiter beim Online-Händler Amazon hat gar die meisten Klicks des Jahres in der ARD-Mediathek erzielt – und dabei die TV-Einschaltquoten abgehängt. 2,4 Millionen Nutzer schauten die Folge bisher im Netz, im Fernsehen waren es rund zwei Millionen.

Die Rundfunkkommission will die Mediathek-Inhalte dauerhaft verfügbar machen

Dass eine Doku zum Internet-Hit wird, mag auch daran liegen, dass sie in den öffentlich-rechtlichen Mediatheken für ganze zwölf Monate abrufbar ist. In der Regel dürfen TV-Beiträge nur sieben Tage nach Ausstrahlung online verfügbar bleiben, aber es gibt viele Ausnahmen.

VoD-Portale im Überblick
VoD-Portale im Überblick

© Tsp/Fabian Bartel

Das könnte schon bald einfacher werden: Malu Dreyer, Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, hat angeregt, die Sieben-Tage-Regel komplett zu kippen. Die Kommission wolle „angemessen abwägen, was möglich ist“ und auch Krimis oder Polittalk-Formate von der Wochenklausel befreien.

Das stößt auf Unverständnis bei den Privaten. „Was die Politik hier anschiebt, ist eine Phantomdebatte“, sagt Claus Grewenig, Geschäftsführer des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), dem Tagesspiegel. Schon jetzt lassen ARD und ZDF viele ihrer Beiträge länger stehen, was ein Eingriff in den Wettbewerb darstelle. Denn während auf der einen Seite ein beitragsfinanziertes Potpourri entsteht, müssen sich die Privatsender ihre Video-on-Demand-Portale mit Werbeeinnahmen aufbauen.

VoD-Portale im Überblick
VoD-Portale im Überblick

© Tsp/Fabian Bartel

Die Privaten hoffen auf Dialog - ARD und ZDF freuen sich über Zuwachs

RTL versucht mit seinem Portal RTL now vor allem mit Serienformaten wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ oder Primetime-Produktionen wie „Bauer sucht Frau“ zu punkten. Oft sind die Folgen noch vor TV-Start online abrufbar. Eingekaufte Spielfilme stellt RTL now zum Kauf zur Verfügung. Auch ProSieben.tv versucht eine Mischung aus freien und Bezahl-Angeboten – und verweist gerade bei US-Serien wie „How I Met Your Mother“ seine Online-Kunden auf das Partnerportal Maxdome (siehe Tabelle). Gerade eine Öffnung der öffentlich-rechtlichen Mediatheken für Spielfilme und eingekaufte Serien fürchten die Privaten daher. Sollte die Rundfunkkommission eine komplette Abschaffung der Sieben-Tage-Regel planen, hofft VPRT-Chef Grewenig auf Gehör: „Der Rundfunkkommission sind unsere Bedenken bekannt – wie auch unser Interesse am Dialog.“

ARD und ZDF schauen gelassener auf die Regelung. Wenn die Mediatheken „flexibilisiert“ werden, begrüße man das, sagt eine ARD-Sprecherin. Aber wie lange welcher Inhalt verfügbar wird, sei sowieso primär eine Rechtefrage. Derzeit werden rund 22 Cent der (noch) monatlichen 17,98 Euro Rundfunkbeitrag in die Multimedia-Angebote aller neun ARD-Sender gesteckt – im Jahr sind das etwas mehr als 900 000 Euro. Davon werden vor allem die Webauftritte und die mobilen Angebote der ARD-Sender betreut. Für Ausbau und Service der Mediatheken bleibt da nicht viel. „Es ist kein Bereich, in den unendlich viel Geld fließt“, sagt Steinhausen.

Doch vielleicht haben die Sender einen Ausbau der Online-Inhalte – oder gar die Abschaffung der Sieben-Tage-Regel – gar nicht nötig. ARD und ZDF verzeichnen zwar ein stetiges Wachstum bei den Abrufen – derzeit klicken Nutzer 35 bis 40 Millionen Mal pro Monat auf ein Video. Jedoch werden diese im Schnitt nur zehn Minuten angesehen – egal ob „Tatort“ oder „heute-show“.

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