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Fernsehen: Nachbarn für immer

50 Jahre Berliner „Abendschau“. Die RBB-Sendung wendet sich den jüngeren Zuschauern zu

„Berlin bleibt doch Berlin.“ Bill Clintons Ausspruch beim zweiten Besuch der deutschen Hauptstadt fast genau auf den Tag vor zehn Jahren könnte von der „Abendschau“ des Rundfunk Berlin-Brandenburg inspiriert worden sein. Denn trotz aller Neuerungen am Studio, den Moderatoren, der Technik sind es vor allem die Beiträge aus der Nachbarschaft, weshalb die Berliner um 19 Uhr 30 ihre „Abendschau“ einschalten. Am 1. September wird diese Fernsehinstitution 50 Jahre alt.

Die Entstehungsgeschichte ist verhältnismäßig unspektakulär. Mitte der 50er Jahre erkannten die ARD-Intendanten, dass neben der „Tagesschau“ auch regionale Informationssendungen benötigt wurden. „In nur drei Monaten haben wir die ,Abendschau‘ aufgebaut“, erinnert sich Harald Karas, der erste Moderator der Sendung, die er bis 1984 präsentierte, bei einem Pressegespräch am Donnerstagabend. Spektakulär war allerdings die Aufgabe, die der „Abendschau“ gerade in den Jahren der Teilung zukam. Der Mauerbau, die Schüsse auf Peter Fechter, der an der Mauer qualvoll verblutete, das bleiben für Karas die bewegendsten Momente seiner „Abendschau“-Zeit. Für viele Berliner hatte die Sendung während des Kalten Krieges noch eine andere Aufgabe. „Wenn sie von uns erfuhren, dass nichts Schlimmes passiert war, konnten sie beruhigter zu Bett gehen“, erinnert sich Karas. Oder wie der langjährige „Abendschau“-Moderator Hans-Werner Kock am Ende jeder Sendung sagte: „Macht’s gut, Nachbarn!“ Am 9. November 1989 informierte Walter Momper die Berliner in der „Abendschau“ über die bevorstehende Reisefreiheit, für viele das Signal, zu den Grenzübergängen zu eilen.

An der „Abendschau“ kommt bis heute kein Politiker vorbei, sagt Redaktionsleiter Peter Laubenthal. Einige, die es bei der Wahl zum Regierenden Bürgermeister nicht geschafft haben, entpuppten sich als schlechte Verlierer und machten vor laufender Kamera die RBB-Sendung für ihre Wahlschlappe verantwortlich. Auch die Kultur kennt die Bedeutung der Berliner Fernsehsendung. „Ein Beitrag in ,Aspekte‘ im ZDF ist zwar schön, lieber André Heller, wenn Du in Berlin Karten verkaufen willst, brauchst Du die ,Abendschau‘“, klärte Konzertveranstalter Peter Schwenkow einmal den Künstler auf.

Die Berliner sind neugierig, auf alles, was mit Berlin zu tun hat. „Als Informationssendung haben wir keinen direkten Konkurrenten. Schwierig wird es eher, wenn beim ,perfekten Promi-Dinner‘ auf Vox wieder in Berlin gekocht wird. Auch bei ,Verliebt in Berlin‘ auf Sat 1 haben wir diesen Berlin-Effekt gespürt“, sagt Laubenthal.

Ein Ost-West-Problem hat die „Abendschau“ dabei nicht, sie hatte von jeher den Anspruch, eine Sendung für die ganze Stadt zu sein. Von den durchschnittlich 270 000 Zuschauern stammen derzeit proportional fast genauso viele aus dem ehemaligen Ostteil der Stadt wie aus den alten Westbezirken. Dass die Sendung mitunter als piefig wahrgenommen wird, stört die Macher nicht wirklich. „Die Menschen in dieser Stadt leben in ihren Kiezen und ihren Straßen, nicht im Sony-Center“, sagt Laubenthal, zu dessen beruflichen Stationen auch die Lokalredaktion des Tagesspiegel gehörte. Sein Team bei der „Abendschau“ besteht aus 19 Festangestellten und gut 25 freien Mitarbeitern, die regelmäßig für die „Abendschau“ arbeiten.

Zu den drängendsten Fragen für die Zukunft der „Abendschau“ gehört für RBB-Fernsehdirektorin Claudia Nothelle, jüngere Zuschauer anzusprechen. Besonders im Blick: das Publikum der Generation 35plus. Zu den Neuerungen, die besonders gut ankommen, gehört das Internet-Angebot unter www.rbb-online.de/abendschau. Hier kann die Sendung im Ganzen oder gezielt nach Themen abgerufen werden. Auch der Redaktions-Blog www.abendschaublog.de wird sehr gut angenommen, so die Fernsehdirektorin. Für eine sichtbare Verjüngung der Sendung stehen zudem neben dem 2007 modernisierten Studio die beiden Moderatoren Cathrin Böhme und Sascha Hingst.

„Berlin 19.30 Uhr – 50 Jahre Abendschau“, RBB, 26. August, 20 Uhr 15

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