zum Hauptinhalt
Der neue Stern am Fußballexpertenhimmel? Michael Ballack.

© dpa

Gelungene Premiere: Michael Ballack schlägt sich tapfer als Fußballexperte des ZDF

Oliver Kahn war außer Haus, also musste kurzerhand Michael Ballack als Fußballexperte für das ZDF herhalten. Das machte er erstaunlich gut, so gut, dass der TV-Sender über einen Wechsel nachdenken könnte.

Oliver Kahn war weit weg. Vielleicht ein Fehler. Kahn war wegen seiner Stiftung in Südafrika unterwegs. Weil aber die Übertragung eines Fußballspiels und schon gar nicht einer Partie zur WM-Qualifikation ohne Expertise nicht auskommen kann, hat das ZDF Michael Ballack ins Studio nach Mainz geholt. Im Frage-und-Antwort-Modus mit Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein sollte der frühere „Capitano“ der deutschen Elf den „Kahn“ geben.

Ballack machte weit mehr draus, keine Spur von einer Kopie. Ballack hatte was zu sagen, und was er sagte, das war bestimmt mehr, als Kahn zu sagen gehabt hätte. Kahn ist kein Analytiker vor dem Herrn, und selbst nach mehreren Jahren des ZDF-Expertentums gelingen ihm zumeist nur Beobachtungen mit einem Gran Erkenntnis. Zu oft hat der Zuschauer das Gefühl, dass dem Ex-Titan auffällt, was dem Fan auch schon aufgefallen war. Kahn liefert die Paraphrase zum Spiel.

Michael Ballack sieht genauer hin, er kann das Spiel lesen, wahrscheinlich hilft ihm seine frühere Regisseur-Rolle deutlich mehr als Kahn die Torwart-Perspektive. Kahn ist kritischer und damit selbstsicherer, was wiederum gut zu seiner Persönlichkeit als Bärbeiß passt. So weit wagt sich Ballack noch nicht nach vorne, er agiert eher analytisch als kritisch, trotzdem gibt er nicht den Claqueur.

Und er ist klug genug, sich nicht zu Attacken auf Joachim Löw hinreißen zu lassen. Keine versteckten Fouls, kein Nachtreten - die Zeichen im Verhältnis zwischen Bundestrainer und einstigem Führungsspieler stehen auf Annäherung. Freunde werden sie wohl nicht mehr, was sie auch nicht müssen. Dass Ballack seine früheren Auseinandersetzungen mit Löw nicht vergessen hat, zeigt die Szene, als Moderatorin Müller-Hohenstein beinahe eine neue Männer-Freundschaft ausrufen will. Da macht Ballack nicht mit, kühlen Bluts dekretiert er mit Blick auf die ortsübliche Fußball-Berichterstattung, dass diese „Heile Welt“-Betrachtung nicht sein müsse – und mit ihm auch nicht zu haben sein wird. Michael Ballack mag vieles sein, ein Opportunist ist er nicht.

Vielleicht kommt Ballack am Freitagabend so frisch und qualifiziert fürs Expertenamt rüber, weil da endlich mal nicht Oliver Kahn steht. Kahn wirkt überreif, „ausgesprochen“, in seiner Rhetorik der Wiederholungs-Schleifen, seinem gepressten Sprach-Rhythmus ist er für viele Zuschauer zum Umschaltgrund geworden. Das könnte Ballack auch passieren, im Moment wirkt er wie eine sehr bedenkenswerte Alternative.

Das ZDF beeilte sich zu versichern, dass der Ballack-Auftritt ein „Einzelfall“ sei. Mal abwarten, auch andere TV-Sender werden die gelungene Premiere registriert haben. Und sollte das Zweite doch über Wechsel nachdenken wollen, dann muss Katrin Müller-Hohenstein in die Überlegungen miteinbezogen werden. Während sich der Fußball und seine Spielsysteme ständig ändern, ändert sich diese Moderatorin nie. Und das ist jetzt ein spätes Lob für Oliver Kahn.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false