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Der Moderator und die Wut der Bauern: Günther Jauch konnte den TV-Abend für die ARD auch nicht retten.

© dpa

GüntherJauch: Hauptsache, Bauer Willi hat Spaß

Erst wird zu laut gelacht, dann aneinander vorbei geschrien. Unser TV-Kritiker ärgert sich über den Talk zu Lebensmittelpreisen bei Günther Jauch - nicht zuletzt weil Sendung und Moderator (mal wieder) ihr eigenes Thema nicht ernst nehmen.

Nein, das war irgendwie kein guter Sonntag für die ARD. Zunächst wurde der Sender vom Netflix-Gründer Reed Hastings in der „Frankfurt Allgemeinen Sonntagszeitung“ für überflüssig erklärt (allerdings hält Hastings schon aus beruflichen Gründen alle Sender für überflüssig). Dann musste man auch noch ab viertel vor sechs Programm zur Wahl in Bremen machen, die schon in Bremen grad mal die Hälfte aller Wahlberechtigten interessiert hat. Und dann wollte es das Schicksal auch noch, dass um viertel nach acht eine der langweiligsten Folgen des „Polizeiruf“ ausgestrahlt werden musste. Das sind wohl solche Tage, in denen einer wie Günther Jauch plötzlich zum Hoffnungsträger wird.

Ausgerechnet Jauch. Die vergangenen Ausgaben seiner Talkshow gelten auch bei Menschen, die dem Mann eigentlich wohlwollend gegenüber gestimmt sind, als Tiefpunkte des Genres. Auch an dieser Stelle, in der immerhin noch der Versuch unternommen wurde, nicht ganz so dumpf und plump und populistisch auf Günther Jauch einzudreschen, war man ob der Leistungen des Moderators und seiner Redaktion mit dem Fernsehlatein am Ende.

Aber vielleicht konnte ihn diesmal ein Thema retten, zu dem man keine Gesinnungsnazis in Nadelstreifen einladen musste: „Die Wut der Bauern – sind unsere Lebensmittel zu billig?“ – das war der Titel der Sendung, da lädt man einen Bauern ein und einen von den Discountern, dazu noch Renate Künast, eine Expertin und einen Schinkenmacher. Da dürfte dann eigentlich nichts schief gehen. Eigentlich. Es ging dann natürlich doch alles schief, und als ganz am Ende Bauer Willi meinte, ihm habe die Sendung Spaß gemacht, sagte Jauch: „Ihnen hat's Spaß gemacht? Na, das ist die Hauptsache.“ Wobei es sich eher so anhörte, als könne es Jauch gar nicht glauben, dass diese Sendung überhaupt noch jemandem Spaß macht.

Dabei wurde anfangs sogar verhältnismäßig viel gelacht – und zwar so laut, dass man als Fernsehzuschauer nicht wusste, worüber die eigentlich lachen. Mit dem Lachen war es dann aber schnell vorbei, danach hat man aneinander vorbei geschrien, und mindestens zwei Gäste hatten ein Sprechtempo, dass es für Zuschauer ohne fundierte Kenntnisse in Agrarindustrie mitunter schwierig machte, zu folgen.

Es ging also darum, dass Bauer Willi vor ein paar Monaten auf seiner Internetseite die Verbraucher beschimpfte, weil die keine Ahnung hätten und eh nur billige Lebensmittel wollen würden. Darüber wollte also Günther Jauch mit seinen Gästen reden, zunächst über Preise für Kartoffeln, und als jemand da schon über Milchpreise sprechen wollte, sagte Jauch: „Milch machen wir extra.“ Milch haben sie dann auch extra gemacht, und über den Milchpreis (der fällt) kam dann die Frage auf, warum es keinen Mindestpreis für Lebensmittel geben würde.

Die Frage konnte aber niemand beantworten, dafür weiß jetzt jeder, der die Sendung gesehen hat, dass in Ländern, wo der Wohlstand steigt, generell weniger Geld für Lebensmittel ausgegeben werden würde. Sagte jedenfalls der ehemalige Aldi-Bereichsleiter Thomas Roeb. Die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast sagte irgendwann noch: „Ich bin nicht romantisch – ich bin knallhart.“ Wahrscheinlich ist es dieser Satz, der in einer Diskussion um den richtigen Umgang mit unseren Lebensmitteln hängen bleibt.

Das Problem ist übrigens nicht, dass der Fernsehkritiker dieses Thema nicht ernst nimmt. Das Problem ist, dass die Sendung das Thema nicht ernst genommen hat, auch nicht Günther Jauch, der einmal zu seinem Gast Jürgen Abraham, dem Gründer von „Abraham Schinken“, sagte: „Nicht schwatzen!“

Nicht schwatzen. Hat Günther Jauch am Ende vergessen, dass das eigentlich eine Talkshow sein soll, die seinen Namen trägt und die er moderiert? Soll man da als Gast etwa nicht schwatzen? Oder hat der Mann unbewusst einen Wunsch formuliert für den Fortgang seiner Karriere?

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