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Medien: Im Bann der Knödel

Ehe-Parabel: Christiane Paul als tschechische Köchin

„Haben Sie nichts Normales?“ Diese Frage, der einheimischen Kellnerin eines sich international gebenden Restaurants an den Kopf geschleudert, steht als Motto und Drohung über Tim Tragesers Ehe-Parabel „Ein verlockendes Angebot“. Andere Binsenweisheiten wie „Bleibe im Lande und nähre dich redlich“ oder „Schuster, bleib’ bei deinem Leisten“ wären nicht minder zutreffend, um die Geschichte von Maria und Jan zu charakterisieren. Maria, gelernte Köchin aus dem malerischen Liberec (Reichenberg) in Nordböhmen, wohnt mit ihrem Mann Jan und Tochter Katja (Magalie Greif) in einem Dorf in Thüringen. Christiane Paul gibt eine glaubwürdige Tschechin ab, die zwar perfekt Deutsch spricht, doch in kritischen Momenten wie Auseinandersetzungen mit der Schwiegermutter eine gewisse Nervosität spüren lässt. Am wohlsten fühlt sie sich, wenn sie am eigenen oder fremden Herd das böhmische Nationalgericht Svicková zubereiten kann: Lendenbraten mit Seviettenknödeln in ihrer ganzen bleichen Pracht.

Während ihr Mann, bemüht harmlos gespielt von Devid Striesow, als Kfz-Schlosser vor sich hinwerkelt, wird Maria eines Tages arbeitslos. Der Dorfgasthof schließt. „Ein Dorf ohne Kneipe ist wie ein Auto ohne Räder“, kommentiert Jan in der Terminologie seines Berufs diesen Schicksalsschlag. Einen Moment lang ist man in diesem frühen Stadium des Films versucht, so viel gerüttelt Naivität nicht als Maßstab zu nehmen. Doch das Drehbuch zwingt den hervorragenden Darstellern Christiane Paul, Devid Striesow und Richy Müller unentwegt solche Sätze auf. Richy Müller kommt die Rolle des Antipoden aus der großen Stadt zu, des Verführers Georg Stolzenberg. Als der Berliner Hotelbesitzer mit seinem Cabrio in Thüringen unterwegs ist und dabei an Marias letztem Arbeitstag in den Genuss ihrer Kochkunst kommt, unterbreitet er ihr das „verlockende Angebot“: In seinem Etablissement solle nicht mehr französisch oder thailändisch gekocht werden, sondern formvollendet mitteleuropäisch.

Es ist amüsant, wie die gebürtige Berlinerin Christiane Paul als Maria im neuen Hauptbahnhof so großäugig ins Staunen gerät, dass sie fast ihren Vorstellungstermin verpasst. Während sie ihr Entdecker Stolzenberg als „Wunderköchin“ begrüßt, wittert der alte Chefkoch Priezel sofort Konkurrenz und schikaniert sie, wo er nur kann. Unterdessen muss sich in der heimatlichen Hügellandschaft Gatte Jan als Strohwitwer ungeahnten Herausforderungen bei der Haushaltsführung stellen. Dabei gehen ihm einige attraktive Dorfbewohnerinnen hingebungsvoll zur Hand … Devid Striesow kann sein sonst so facettenreiches Spiel auf Hausmannskost herunterdimmen. So präsentiert Arte zur besten Sendezeit, unterlegt von Country-Dauermusik, ganz ungeniert eine Restaurant-Komödie, die nur eine Botschaft kennt: Restauration der Verhältnisse. Katrin Hillgruber

„Ein verlockendes Angebot“,

Arte, 20 Uhr 40

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