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INTERNET-KLAU: Text-Dieben auf der Spur

Agenturen wollen ihre Arbeit besser schützen

Die Versuchung ist groß. Nur einmal „Copy & Paste“ – und schon ist die Website mit einer neuen Nachricht, Reportage oder Hintergrundstück gefüllt, ohne gezahlt zu haben. Unter einem derartigen „Text“-Klau leiden alle deutschsprachigen Nachrichtenagenturen. Doch wurden die Diebe bisher oft nur durch Zufall oder entdeckt, gehen viele Agenturen nun systematisch dagegen vor.

Erstmals hat der deutsche Ableger der Agentur Agence France Presse (AFP) jetzt mit einer speziellen Software, dem sogenannten Textguard, alle deutschsprachigen Websites auf AFP-Inhalte durchforstet – und prompt gingen mehr als 10 000 Treffer auf mehr als 1000 Seiten ins Netz. Darunter sind private Betreiber wie Blogger, aber auch Leute, die mit Serviceportalen Geld durch Werbung verdienen und diese Seiten mit Agenturstücken füllen, ohne dafür gezahlt zu haben. Mehrere hundert Abmahnungen und Rechnungen hat die Agentur schon verschickt, im Extremfall fordert sie mehrere zehntausend Euro Schadenersatz.

„Wir wollen eine Bewusstseinsänderung erreichen“, sagt Andreas Krieger, einer der Geschäftsführer von AFP Deutschland. Viele Nutzer gingen fälschlicherweise davon aus, dass alles, was im Netz frei verfügbar sei, auch kostenlos genutzt werden könne. Gleichermaßen müsse Gerechtigkeit für die mehr als 260 zahlenden AFP-Kunden hergestellt werden.

Auch die Deutschen Presse-Agentur (dpa) überprüft das Netz systematisch auf Urheberrechtsverletzungen. „Wir haben den Eindruck, dass sich die Fälle mehren, und zwar auch im gewerblichen Bereich“, sagt Michael Segbers, einer der beiden dpa-Geschäftsführer. Seit Herbst 2008 setzt die dpa deshalb den sogenannten Attributor ein, der vorher bestimmte Websites auf dpa-Inhalte überprüft. Erst am Freitag wurde eine neue Klage an einen Text-Dieb rausgeschickt. Ob diese an die WAZ-Gruppe („Westdeutsche Allgemeine Zeitung“, „Westfälische Rundschau“) ging, wollte Segbers nicht kommentieren. Doch hatte die Essener Mediengruppe aus Kostengründen den Ende 2008 ausgelaufenen Vertrag mit der dpa nicht verlängert und versucht seither, ohne den Dienst der größten deutschen Agentur auszukommen. Trotzdem sollen immer wieder dpa-Inhalte im WAZ-Content aufgetaucht sein, heißt es aus der dpa.

Auch mit Hinblick auf den verstärkten Missbrauch durch gewerbliche Betreiber hofft Segbers auf eine Lösung, um Urheberrechtsverletzungen vermeiden zu können. Denkbar sei ein gesetzliches Leistungsschutzrecht für Verlage im Internet. „Es kann nicht richtig sein, dass nach aufwendiger Recherche Berichte entstehen, die andere im Internet suchen, finden und für eigene monetäre Zwecke nutzen. Oder dass Journalisten in Kriegen und Krisen ihr Leben aufs Spiel setzen, und andere durch ,Abgreifen‘ im Netz davon profitieren.“ Sonja Pohlmann

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