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Inszeniert auch Theaterstücke: Esther Schweins. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Interview: „Ich hab’ ja sonst nichts Lustiges gemacht“

Schauspielerin Esther Schweins über Schönheit und Komik, Krimis und Kinder. Am Samstag ist sie in "Donna Leon: Schöner Schein" zu sehen.

Frau Schweins, Sie sehen fantastisch aus!

Danke.

Nervt es, als Schauspielerin und Regisseurin im Interview oft auf das Aussehen angesprochen zu werden?

Nein, wenn ich darauf nicht reduziert werde.

Um diesem Geheimnis der Schönheit auf die Spur zu kommen, habe ich jetzt meinen ersten Donna-Leon-Film geguckt: „Schöner Schein“, mit Ihnen in der Hauptrolle.

Und, haben Sie etwas herausgefunden?

Schwer zu sagen. Diese Senora Cataldo, die Sie spielen, hat so eine besonders geheimnisvolle, maskenhafte Schönheit.

Das ganze Gesicht ist nach hinten gezogen, mit Tapes geliftet.

Ich musste an einen Roman von Henry James denken, „Bildnis einer Dame“, in dem die Protagonistin an einem Irrtum reift, ähnlich wie Ihre Senora Cataldo, die am Ende des Films aus ihrer fatalen Abhängigkeit von der Mafia heraustritt. Kann man eigentlich auf unterschiedliche Weise schön sein oder Schönheit spielen?

Jemand sagte mal: Schön ist alles, was man liebt. Schönheit ist eine Haltungsfrage, sowohl der inneren, als auch der Körperhaltung. Schöne Gedanken, liebevolle Gedanken oder Friedfertigkeit, das wird einen Menschen immer schön erscheinen lassen. Was eben nicht gleichbedeutend ist mit Symmetrie. Harmonie muss nicht der Norm entsprechen.

Die Mona Lisa ist nicht symmetrisch.

Aber harmonisch. Wenn Fragilität mit Schönheit einhergeht, lässt sich Schönheit durchaus spielen. Würde man eine Figur spielen, die nicht schön ist im herkömmlichen Sinne, die sich aber liebt und annimmt, würde diese Figur auch Schönheit ausstrahlen. Denken Sie an Geschichten wie die Schöne und das Biest.

Zurzeit lieben Sie es etwas handfester. Der Krimi hat es Ihnen angetan. Zuletzt ein Kieler „Tatort“, die Donna-Leon-Filme.

Dabei bin ich kein Krimi-Fan. Seitdem ich Kinder habe, ist mir das mit den Thrillern und Krimis viel zu aufregend. Da wird zu viel gestorben, zu viel gemordet.

Nach ihrer Schauspielausbildung haben Sie’s zuerst mit der Komik versucht. Sie wurden in den 1990ern mit der Comedy-Serie „RTL Samstag Nacht“ zum Publikumsliebling. Es folgten Hauptrollen in über 20 Filmen, wie „Feuer“ oder eine Theaterverfilmung nach Gorkis „Nachtasyl“, Serien-Krimis, „Die Rache der Wanderhure“.

Eine ziemlich bunte Auswahl. Ja, ja, (lacht). Ich kann mich, was Angebote betrifft, nicht beklagen. Ich bin wohl so eine Gerne-Allesmacherin, nicht nur bei den Rollen. Wenn man verschiedene Dinge angeht, wird man auch nicht so auf eine Sache festgelegt.

War das schwierig, der Schwenk vom Comedy-Star zur ernsthaften Schauspielerin?

Nein, es gibt viele Comedians, die hervorragende Schauspieler sind. Wenn überhaupt, war es eine Image-Frage. Aber, ehrlich, ich habe das nie wirklich gespürt. Es kam alles Schritt für Schritt.

Festlegen lassen Sie sich nicht: Theater, Comedian, Schauspielerei, Regisseurin. Mit „Hi Dad!“ kommt in diesem Monat eine Esther-Schweins-Inszenierung auf die Bühne. Was reizt daran, Regie zu führen?

Ich habe ja sonst nichts Lustiges gemacht in den letzten zehn Jahren. Ursprünglich wollte ich eh’ Regisseurin werden. Regie-Arbeiten mit einem Schauspieler wie bei „Caveman“, das ist ein überschaubares Projekt. Auch wenn die Quadratur des Kreises mit diesem Theater nicht neu erfunden wird: Ich wollte mit „Caveman“ und „Hi, Dad!“ die Geschlechter versöhnen. Das ist in der Wirkung eine der schönsten Sachen, die ich gemacht habe.

Zurück zum Thema Schönheit. Kennen Sie Rilke?

Ein bisschen.

„Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen, und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören. Können Sie damit etwas anfangen?“

Das meint wohl: Schönheit einer Person oder eines Ortes, das ist auch etwas Ambivalentes. Da fällt mir Venedig ein, wo wir „Donna Leon“ gedreht haben. Das ist schöner Schein. Etwas morbide Schönes.

Etwas zutiefst Beunruhigendes, was anzieht. Man sagt ja auch: schrecklich schön.

Ja, weil Schönheit aber auch so viel Macht hat, Macht ausübt.

Haben Sie in dieser Hinsicht schon mal Macht ausgeübt?

Nein, nicht wirklich. Nur in der Draufschau: Wie ergeht es einem persönlich, wenn man von Schönheit gefangen wird, wie einsilbig denkt man da gerne mal.

Finden Sie sich schön, oder andersherum gefragt: legen Sie viel Wert darauf, schön gefunden zu werden?

Da ich davon ausgehe, dass jemand, der das über mich sagt, etwas anderes meint als Attraktivität, Erotik, Sexappeal – ja. Dann genieße ich das sehr.

Stand Ihnen Ihre Schönheit schon mal im Weg?

Ja, auf der Schauspielschule wurde mir unmissverständlich klargemacht: Du wirst nie Antigone oder Minna von Barnhelm spielen. Das war bitter.

Wie sind Sie da rausgekommen?

Mit Komik. Ich habe Kabarett gemacht. Im Komischen habe ich die größtmögliche Freiheit. Schönheit kann nicht ernsthaft leiden, aber lustig sein.

Würden Sie dem Aussehen chirurgisch nachhelfen?

Dann sollten wir uns nächstes Jahr um die gleiche Zeit treffen. Im Moment finde ich das zuträglich, eine gewisse Reife. Ich gucke heute viel lieber in den Spiegel als vor zehn Jahren. Schönheit und Jugend gehen nicht unbedingt Hand in Hand.

Zu Ihren Erfahrungen, vielleicht auch zu Ihrer Reife gehört es, dass Sie im Dezember 2004 beim Tsunami in Sri Lanka dem Tod ins Auge blickten, mit ihrer Mutter nur knapp überlebten.

Ja, das geht mir heute noch sehr nah. Ich bin schnell wieder runter, nach der Katastrophe, habe Spenden-Gelder vor Ort verteilt. Das war die einzige Therapie.

Hat diese Geschichte Sie verändert?

Es hat mich zu einem demütigeren Menschen gemacht, zu jemandem, der versucht, mehr im Hier und Jetzt zu sein.

Das Gespräch führte

Markus Ehrenberg.

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