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Betrogene Betrügerin. Grace Kelly sieht auch in 2D umwerfend aus.

© Arte

Krimi: Bei Anruf 3D

Arte präsentiert einen Hitchcock-Klassiker in verändertem Gewand. Und 3D ist großes Thema demnächst auf der Ifa. Muss das wirklich sein?

Wozu Gelegenheitsarbeiten alles gut sind. Alfred Hitchcock, der sonst nur Meisterwerke gedreht hat, hielt nicht so viel von seinem Film „Bei Anruf Mord“. In 36 Tagen wurde der kammerspielartige Film über den perfiden Mordversuch eines abgehalfterten, betrogenen Tennisprofis an seiner reichen Frau 1954 abgeschlossen. Es ist der einzige Film von Hitchcock, der in 3D gedreht wurde. Gedreht werden musste. Hitchcock hatte für diese Technik wenig übrig, wurde von Warner Bros. aber dazu gedrängt, den Film in 3D zu drehen – ein Publikumserfolg mit Grace Kelly und Ray Milland, und ein Meilenstein in der Geschichte des 3D-Films, den Arte heute seinen Zuschauern präsentiert.

Wenn nächste Woche in Berlin die Internationale Funkausstellung (IFA) startet, wird 3D wiederum als neuer Trend präsentiert. Doch ob Hersteller, Sender, die großen Kinostudios und vor allem Zuschauer im dritten Jahrtausend besonders viel für 3D übrig haben, ist noch nicht gar so sicher. Immerhin, die für den Hitchcock-Krimi nötige 3D-Brille aus Pappe hat Arte seinem September-Magazin massenhaft am Kiosk beigelegt. Und damit den Technik-Trend auch alle mitbekommen, soll die „Bild“-Zeitung an diesem Samstag komplett in 3D erscheinen.

Alles 3D oder was? Zunächst: 3D-Gucken in der älteren Form mit rot-grüner Brille auf der Nase ist ziemlich gewöhnungsbedürftig, auch wenn zukünftige 3D-taugliche Fernseher solche Brillen überflüssig machen. „Bei Anruf Mord“ wurde im sogenannten „3D-Naturalvision“ gedreht. Dies macht sich durch die tiefe Position der Kamera bemerkbar und durch Objekte, die zwischen Darstellern und Kamera auftauchen. Dadurch wird Grace Kelly nicht schöner, als sie ohnehin schon ist. „Bei Anruf Mord“ funktioniert auch zweidimensional sehr gut, und das garantiert ohne Kopfwehgefahr.

Hitchcock hatte sicher gute Gründe für seine Skepsis gegenüber 3D, anders als die Hollywood-Studios heute, die Filme wie „Toy Story 3“ oder „Avatar“ als aufwendig beworbenes Erlebnis mit neuartiger 3D-Brille, ausgeklügelten Raumtiefe-Effekten und teuren Ticketpreisen betreiben. Mit Milliardeninvestitionen in Kinos, Kameras, Projektionstechniken. Was vom Publikum genauso mit gemischten Gefühlen aufgenommen wird wie Fußball in 3D zur Weltmeisterschaft. Einige 3D-Kinos strahlten Spiele in 3D aus. Die Bildqualität war durchwachsen.

Trotzdem arbeiten die Pay-TV-Sender Sky und Liga Total daran, die Fußball-Bundesliga auch dreidimensional anbieten zu können. Andere Fernsehsender sind zurückhaltender. „Mit Blick auf die nicht abgeschlossene Standardisierung und die geringe Verbreitung entsprechender Endgeräte ist ein Einstieg in die 3D-Verbreitung nicht vorgesehen und auch aus Kostengründen nicht machbar“, sagt ein ARD-Sprecher. 3D sei sicherlich eine interessante Technologie, die im Kino auch schon erfolgreich gestartet ist, so eine Sprecherin der RTL-Gruppe. RTL hat die TV-Rechte an „Avatar“. Ob der Sender den Film in 3D ausstrahlen werde, steht noch nicht fest. „Derzeit werden die notwendigen technischen Grundlagen für eine Verwendung im Fernsehbereich erarbeitet. Wir beobachten diese Entwicklung mit Interesse.“ Ähnliches gilt für die Sender der ProSiebenSat 1-Gruppe. 3D seit in erster Linie ein Thema für Gamer und für DVD-Hollywood, sagt ein ZDF-Sprecher.

Gelinde gesagt, 3D steht nicht gerade vorm Durchbruch. Aber Arte hat zum 20-jährigen Senderjubiläum einen netten Gimmick im Programm. Nach der Fertigstellung von „Bei Anruf Mord“ übrigens hatte sich die 3D-Euphorie gelegt. Der Film kam in Europa in der 2D-Version in die Kinos. Markus Ehrenberg

„Bei Anruf Mord“, 20 Uhr 15;

„Der Schrecken vom Amazonas“, 23 Uhr 35, beides Arte, in 3D

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