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Thomas Ebeling, Vorstandschef der ProSiebenSat1 Media AG, beim Medienkongress in Berlin.

© Medienwoche

Medienwoche: Alte Regeln über Bord

Sender hier, Google da: Die Medienwoche diskutiert über die digitalen Werte von morgen.

Einst hat Nena mit „99 Luftballons“ einen Song zur Abrüstung gesungen. Thomas Ebeling, der Vorstandsvorsitzende der ProSiebenSat1Media AG, ist offensichtlich ein großer Fan der Sängerin. Mit einem Clip der ProSieben-Sendung „The Voice of Germany“ um Jurychefin Nena begann er am Montag auf dem Internationalen Medienkongress in Berlin seinen Appell für einen breiten Mediendialog zwischen Politik, Verlagen, TV-Unternehmen, Telekommunikationsfirmen und Internet-Giganten wie Google über Fairness und Gleichbehandlung, Datenschutz und geistiges Eigentum. An Stelle von weiterer Regulierung hofft Ebeling dabei auf Selbstverpflichtungen der Marktteilnehmer. Und da Deutschland für Medienunternehmen ein Schlüsselmarkt ist, sei er zuversichtlich, dass dies gelingen könne.

Für einen Quasi-Monopolisten wie Google müssten vergleichbare Regeln gelten wie in Deutschland für den Zeitungsvertrieb, in dem kein Verlag bevorzugt und keiner benachteiligt werde. Bei Google aber wisse niemand, warum ein Suchergebnis unter den ersten zehn Treffern erscheint, sagte Ebeling und forderte mehr Transparenz. Und mit Blick auf Google TV, das nun auch in Deutschland startet: „Wenn Google Fernsehen machen will, dann nach den gleichen Regeln.“

Was damit gemeint ist, legte bei der folgenden Diskussion ProSiebenSat1-Vorstandsmitglied Conrad Albert dar. Weil es nicht wahrscheinlich sei, dass sich Google und Youtube nach den Regeln beispielsweise der saarländischen Landesmedienanstalt richten müssen, plädierte er dafür, „alte Regeln über Bord zu werfen“. Es sei nicht einzusehen, dass den TV-Sendern zwölf Minuten Werbung pro Stunde gestattet seien, „und wer über DSL kommt, den muss das nicht interessieren.“

Matthew Glotzbach, Chef von Youtube Europa, blieb auf Konzernlinie. Youtube sei ausschließlich eine technische Plattform und schaffe selbst keine Inhalte, sei somit kein Konkurrent. Die 100 Millionen Euro, die Google im vergangenen Jahr in neue Youtube-Inhalte investiert hatte, hätten nur dazu gedient, das noch junge Öko-System zu fördern. Auch Google TV schaffe keine Inhalte und sei als technische Plattform nur eine Art Betriebssystem für neues Fernsehen.

Für ProSiebenSat1-Mann Albert kommen Gespräche über eine Beteiligung an Google TVG derzeit nicht infrage. „Zuvor muss über die Rollenverteilung diskutiert werden“, sagte Albert unter anderem mit Blick auf die Vermarktungshoheit. Weniger dogmatisch sieht das Dagmar Reim. „Wir müssen schauen, was da passiert“, sagte die RBB-Intendantin und berichtete von einer Anfrage, für die neue Plattform einen Film über die Entstehung und den Fall der Berliner Mauer beizusteuern. Ebelings Vorstoß für einen Dialog mit den Internet-Giganten begrüßte Reim genauso wie der neue ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler. Wer jüngere Zuschauer ansprechen wolle, benötige entsprechende Inhalte, sagte Himmler und räumte ein, dass es da auch beim ZDF noch Defizite gebe.

Die Medienwoche, die parallel zur Funkausstellung stattfindet, steht unter dem Leitthema „Digitale Werte“. Gesucht werden auf der zweitägigen Veranstaltung die Leitmedien von morgen sowie erfolgreichste Geschäftsmodelle. Zu den Rednern und Diskutanten gehören neben Ebeling und Glotzbach der Vorstandschef von Axel Springer, Mathias Döpfner, der Chef von Twitter UK, Tony Wang, sowie Frank Schätzing, Tom Tykwer und Detlev Buck. Kurt Sagatz

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