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„Jewish Voice from Germany“ heißt die neue Zeitung von Rafael Seligmann.

© dpa

Neue Zeitung über jüdisches Leben: Jenseits des Holocaust

Mit einer Vierteljahresschrift möchte der Berliner Publizist Rafael Seligmann in den USA über das jüdische Leben in Deutschland berichten. Ziel der "Jewish Voice from Germany" ist es, eingefahrene Stereotypen zu überwinden.

In den USA, so meint Rafael Seligmann, ist die Zeit stehen geblieben. Zumindest was die Sicht auf jüdisches Leben in Deutschland angeht: Nazis, Antisemitismus, Holocaust – das seien die Themen, die aufkämen, wenn es um das Leben der Juden in Deutschland gehe. Das will Seligmann jetzt ändern und hat deshalb eine Zeitung gegründet: „Jewish Voice from Germany“ („Jüdische Stimme aus Deutschland“) heißt sie und wird erstmals am 2. Januar 2012 erscheinen.

„Fast 70 Jahre nach dem Nationalsozialismus wollen wir mit der Zeitung zeigen, dass jüdisches Leben in Deutschland eine Renaissance erlebt“, sagt Seligmann. In der Zeitung solle zwar nichts beschönigt, aber gezeigt werden, „dass es in der 2000-jährigen deutsch-jüdischen Geschichte mehr gibt als den Holocaust“. Allein in Berlin lebten 12 000 Juden. Bundesweit gehören rund 106 000 Menschen jüdischen Glaubensgemeinden an. Es bestehe die Gefahr, dass die Juden in der Diaspora nur als „Gemeinschaft der Opferangehörigen“ wahrgenommen werden, sagt Seligmann, der mit seinen Romanen und Essays wie „Rubinsteins Versteigerung“ oder „Der Musterjude“ Kontroversen über die Rolle der Juden in der deutschen Nachkriegsgeschichte ausgelöst hat.

Sitz der Redaktion ist Seligmanns Wohnung in Berlin-Wilmersdorf, zwei Zimmer hat er für das Team freigeräumt. Chefredakteur ist Peter Köpf, mit dem er auch die Chefredaktion von „The Atlantic Times“ leitet. Ursprünglich habe er „Atlantic Times“-Herausgeber Detlef Prinz vorgeschlagen, eine „Jewish Times“ zu machen, sich dann aber entschlossen, das Projekt selbst anzugehen. Erfahrung hat Seligmann im Zeitungmachen, Mitte der 80er Jahre hat er in München die „Jüdische Zeitung“ geführt, er war der Jüdischen Gemeinde, die das Blatt finanzierte, aber offenbar zu kritisch und musste nach zwei Jahren wieder gehen. Die „Jewish Voice from Germany“ soll nun politisch und redaktionell unabhängig und deshalb auch keine Konkurrenz zur „Jüdischen Allgemeinen“ sein, die vom Zentralrat der Juden in Deutschland herausgegeben wird.

Vorerst ist die vierteljährlich erscheinende „Jewish Voice“ kostenfrei erhältlich und wird über Anzeigen finanziert. Ein Großteil der 30 000 Exemplare soll in den USA verteilt werden. Das Leo Baeck Institut aus New York hilft, potenzielle Leser anzusprechen. Rund 7000 Stück der englischsprachigen Zeitung sollen aber auch in Deutschland erhältlich sein. In der ersten Ausgabe schreibt Heribert Prantl über ein NPD-Verbot, Uwe-Karsten Heye über Rechtsradikale und Moshe Zimmermann über die Perspektiven des deutschen Judentums – dass die vielversprechend sind, will Seligmann mit der „Jewish Voice“ zeigen. Sonja Pohlmann

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