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Immer im Blick hat Eva Christiansen (links), wie sich Angela Merkel (CDU) in den Medien präsentiert. Die Beraterin begleitet die Kanzlerin auch zu offiziellen Terminen, wie hier 2010 zur Amtseinführung des neuen Regierungssprechers Steffen Seibert.

© picture alliance / dpa

Porträt: Merkels Verkäuferin

Loyal und diskret: Eva Christiansen ist die Medienberaterin der Kanzlerin. Wie viel Inszenierung verträgt Angela Merkel?

Die Journalisten beeinflussen? „Das funktioniert nicht.“ Sie beeindrucken? „Wir versuchen das.“ Bei Eva Christiansen, der Frau hinter Angela Merkel, huscht ein Lächeln übers Gesicht, dann sagt sie, wieder seriös-offiziell: „Ich versuche, in meinen Gesprächen zu überzeugen.“ Die Medienberaterin der Bundeskanzlerin, sonst eher im Hintergrund tätig, hat auf dem Medienforum NRW in Köln einen ihrer seltenen öffentlichen Auftritte. Politiker und Journalisten schreiben ihr in Berlin keine geringe Macht zu. Intelligent, loyal, diskret sei sie, heißt es. Die 41-jährige Christiansen, Mutter einer fünfjährigen Tochter, und Büroleiterin Beate Baumann bilden das „Girls-Camp“ der Kanzlerin, was zwar wie die Serie eines Privatsenders für schwer erziehbare Mädchen klingt, aber mittlerweile doch eher respektvoll gemeint ist.

Christiansen also – wen's interessiert: politisch unverdächtig gekleidet mit blauem Hosenanzug und orangefarbener Bluse – sitzt in Köln auf einem Podium, das sich mit dem Abhängigkeitsverhältnis von Politikern und Journalisten beschäftigt. Sie widerspricht dem ehemaligen Regierungssprecher Thomas Steg, dass die Medien heute mehr Macht als vor zwölf oder 15 Jahren hätten.

Es sei allerdings schwieriger geworden, weil die Erregungszyklen immer kürzer geworden seien. Und weil man in Berlin so gerne um sich selbst kreist, was Eva Christiansen allerdings nur indirekt sagt. Stattdessen berichtet sie von den Gesprächen während ihrer einjährigen Elternzeit 2006, als sie einfach nur Mutter und nicht die Frau an Merkels Seite war. Viele Menschen würden bei politischen Fragen abschalten, weil sie an den Personaldebatten in der Hauptstadt gar nicht interessiert seien.

Daran trügen „beide Seiten ein Stück weit Schuld“, die Medien und die Politik. Außerdem ist Eva Christiansen wie Bettina Schausten, Chefin des ZDF-Hauptstadtstudios, der Meinung, dass die Nachrichten-Beschleunigung durch das Internet einiges verändert habe. „Wir sind auf beiden Seiten Getriebene und treiben uns gegenseitig", sagt Christiansen. „Ich empfinde mein Tagesgeschäft als ein Hinterherlaufen der Nachricht der Nachricht der Nachricht.“

Allerdings ist Eva Christiansen nicht die Regierungssprecherin, das ist natürlich Steffen Seibert. Während Seibert den Medien die Regierung erklärt, erklärt Christiansen der Kanzlerin die Medien. Zudem ist sie seit März 2010 auch für die große Linie zuständig, ist Referatsleiterin „Politische Planung, Grundsatzfragen, Sonderaufgaben“. Was man da so den lieben langen Tag treibt, bleibt natürlich im Dunkeln. Aber die Handschrift von Merkels Kanzlerschaft lässt sich aus Eva Christiansens Aussagen leicht herauslesen. „Es bedarf eines langen Atems“, sagt sie. Eine Regierung müsse es bei komplexen Entscheidungen auch mal aushalten, dass sie zu Beginn nicht die Schlagzeilen auf ihrer Seite habe. Dann müsse man „Ruhe bewahren“. Wie viel „Ruhe bewahren“ die schwarz-gelbe Koalition noch verträgt, wurde in Köln nicht diskutiert.

Und wie viel Inszenierung verträgt die Kanzlerin? Zuletzt gab es schöne Bilder, jedenfalls im Ausland, als Angela Merkel in den USA die „Medal of Freedom“ verliehen wurde. Oder auch in Singapur, wo eine Orchidee nach der Kanzlerin benannt wurde. „Auch ein großes Ereignis“, sagt Bettina Schausten mit leicht süffisantem Unterton. Und immer sei bei solchen Reisen schönes Wetter. Schausten unterstellt Christiansen gar ein „Wetter-Gen“.

Die Dame aus dem Kanzleramt mit den womöglich überirdischen Fähigkeiten antwortet nüchtern: Solche Bilder könne man nicht gegen einen Trend einsetzen. „Wenn es der Regierung gutgeht, wundert man sich, wie viele schöne Bilder gedruckt werden.“ Jetzt würden solche Bilder offenbar nicht so in die Zeit passen. Ob zum Inszenieren und langen Atem nicht auch „Nettigkeitsstrategien gegenüber großen Medienhäusern“ gehören würden, fragt Moderator Hans-Jürgen Jakobs aus dem auch nicht eben kleinen Medienhaus „Süddeutsche Zeitung“. Da lacht Frau Christiansen ebenso charmant wie vielsagend und behauptet: „Nein.“

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