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Presserat: Satire ja, Schmähung nein

Der Papst-Titel der „Titanic“ und das Hass-Video gegen Muslime beschäftigen das Selbstkontrollgremium der deutschen Presse.

Bereits zwei Beschwerden liegen dem Deutschen Presserat zur Berichterstattung über das in den USA produzierte Schmäh-Video „Die Unschuld der Muslime“ vor. „Dabei geht es jedoch nicht um das Video selbst, sondern um journalistische Sorgfaltspflicht“, sagte Geschäftsführer Lutz Tillmanns am Dienstag bei der Jahrespressekonferenz des Selbstkontrollgremiums der deutschen Presse.

Eine Zeitung habe angeblich keine Quellenangabe dafür geliefert, dass das Video von einem koptischen Christen stamme. Ein anderes Blatt habe das Zitat eines Informanten angeblich nicht korrekt wiedergegeben, lauten die Vorwürfe. Ob sie zutreffen, wird der Presserat erst Ende des Jahres entscheiden.

Eine mögliche Ausstrahlung des Videos, beispielsweise auf der Website einer Zeitung, sieht der Presserat allerdings kritisch. „Eine 1:1-Veröffentlichung kann ich mir nicht vorstellen“, sagteTillmanns. In einem solchen Fall könnte Ziffer 10 des Pressekodexes verletzt werden. Danach soll die Presse darauf verzichten, „religiöse, weltanschauliche oder sittliche Überzeugungen zu schmähen“. Denkbar ist nach Tillmanns Ansicht jedoch, einen Ausschnitt aus dem Video auszustrahlen: „Ein solches Zitat des Videos wäre im Rahmen der Pressefreiheit gedeckt.“

Tillmanns erinnerte in diesem Zusammenhang an die Mohammed-Karikaturen, die 2005 in der dänischen Tageszeitung „Jyllands-Posten“ veröffentlicht und von einigen deutschen Zeitungen abgedruckt worden waren. Zu den Veröffentlichungen waren beim Presserat 100 Beschwerden eingegangen. Sie alle waren mit dem Verweis auf die Satirefreiheit abgewiesen worden.

Wo die Grenzen der Satirefreiheit zu ziehen sind, prüft der Presserat auch am kommenden Dienstag, wenn er sich mit dem Juli-Titel der „Titanic“ beschäftigt. Das Magazin hatte Papst Benedikt XVI. mit gelb und braun befleckter Soutane gezeigt und damit auf die Vatileaks-Affäre angespielt. 182 Beschwerden sind dazu beim Presserat eingegangen, angeblich verletze das Magazin Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte und Ehre des Papstes und schmähe religiöse Überzeugungen.

Heftige Kritik löste mit 70 Beschwerden auch eine Kolumne des „Bild“-Autors Franz-Josef Wagners aus, der über die gleichgeschlechtliche Ehe geschrieben hatte. Über die Diskriminierungsvorwürfe entscheidet der Presserat ebenfalls in der kommenden Woche.

Für das laufende Jahr erwartet das Gremium insgesamt einen Anstieg der Beschwerden auf etwa 1400. 2011 waren bei dem Gremium rund 1300 Beschwerden eingegangen, 50 alleine zu den Berichten über den erschossenen libyschen Diktator Gaddafi, dessen Foto in einigen Zeitungen groß gezeigt wurde.

Die jüngsten Beschwerden gelten der Berichterstattung zu Bettina Wulff und ihrem neuen Buch. Drei Stück sind bisher eingegangen. Bettina Wulff selbst, so Tillmanns, gehört allerdings nicht zu den Beschwerdeführern. Sonja Pohlmann

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