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Medien: Schnee, der auf Kameras fällt

ARD/ZDF: 800 Stunden Winterspiele in Turin – und eine „Kultsendung“

Das Jahr geht zu Ende. Wer das nicht glaubt, muss sich nur ans Fernsehen halten. Am Wochenende laufen erste Jahresrückblicke, und kaum hat das Erste sein großes Programm für 2006 vorgestellt, gestützt auf die drei Highlights, Olympia in Turin, Fußball-WM in Deutschland und noch mehr Harald Schmidt, da legte es am Freitag mit den konkreten Plänen für die Olympischen Winterspiele nach, zusammen mit dem ZDF. Insgesamt 800 Stunden wollen die öffentlich-rechtlichen Sender aus Turin (10. bis 26. Februar) berichten. 350 Stunden allein in den Hauptprogrammen, der Rest in Digitalkanälen.

Täglich abwechselnd werden die Sender aus dem Medienzentrum in der italienischen Metropole und dem „Deutschen Haus“ in Sestriere übertragen, teilten ARD/ZDF mit. In beiden Programmen sollen Ex-Wintersportler als Experten zum Einsatz kommen. Das Erste setzt auf Markus Wasmeier, Katharina Witt und Christian Neureuther, das ZDF auf Petra Behle, Armin Bittner, Gunda Niemann-Stirnemann und Slalom-Olympiasiegerin Hilde Gerg. Schwer zu sagen, welcher Sender das bessere Expertenteam hat. Möglicherweise ist es wie beim Fußball, wo das kluge Moderatoren-Duo Günter Netzer und Gerhard Delling gerade bis 2008 verlängert hat. Die ARD dürfte auch im Wintersport die Nase vorn haben, dank Katharina Witt. Andererseits: Christian Neureuther ist ein netter Kerl, aber unterhaltsam? Wohl doch nicht ganz so wie das Duo Waldemar Hartmann und Harald Schmidt, das die Gesichter des Tages ab 23 Uhr als „Waldi und Harry“ vorstellen wird. Beim ZDF sorgt Johannes B. Kerner für die Unterhaltung, konkurrierend ab 23 Uhr 15.

Doch bei allen Extras und Experten: 350 Stunden in 16 Tagen müssen erstmal weggesendet werden. So viel Live-Sport und Wettbewerbe kann sich selbst das findungsreiche Olympische Komitee nicht einfallen lasse, denkt man zuerst. Angekündigt werden 120 Stunden Live-Berichterstattung in beiden Hauptprogrammen. Insgesamt sollen 560 Mitarbeiter aus Redaktion, Produktion und Technik im Einsatz sein. 38 Kameras stehen vor Ort. Start ist um 9 Uhr morgens, danach geht es über 20 Stunden täglich bis nach Mitternacht, dazu Parallelübertragungen im digitalen Bouquet von ARD/ZDF sowie Wiederholungen in der Nachtlücke. Ein Vorgeschmack auf die Fußball-WM. Wehe dem, der kein Wintersportfan ist.

Solch’ öffentlich-rechtlicher Aufwand im Alleingang hat die deutschen Privatsender auf den Plan gerufen. Mit der Ankündigung, von 800 Stunden Olympia 350 Stunden im Hauptprogramm und den Rest live auf zwei Digitalkanälen von 9 bis 23 Uhr zu senden, setzten sich ARD und ZDF „in klaren Widerspruch zum Willen der Länder, die eine Situation wie bei Olympia 2004 vermeiden wollten“, erklärte der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT). Es habe „keine akzeptablen Sublizenzierungsangebote“ von ARD und ZDF gegeben, weil sich die Öffentlich-Rechtlichen vorbehalten hätten, bis 24 Stunden vor der jeweiligen Übertragung zu entscheiden, ob sie auch live berichten. „Bei solchen Verhandlungspositionen fehlt den Privaten jegliche Planungssicherheit, da keinerlei Gewissheit über eine Exklusivität auf privater Seite möglich ist. Das ist eine reine Alibiveranstaltung, in der Gebührenmittel dafür verschwendet werden, den Markt leer zu kaufen“, sagt VPRT-Chef Jürgen Doetz.

Zur Beruhigung: Das Geld für Harald Schmidt ist schon ausgegeben. So gesehen ist sein Extra-Einsatz im Ersten an der Seite von Waldemar Hartmann eine gute Sache, zudem bei gutem Gelingen mehr draus werden kann. Nach Olympia kommt die Fußball-WM. Laut ARD-Programmdirektor Günter Struve wolle man mit „Waldi und Harry“ eine neue „Kultsendung“ etablieren. Große Worte. Vermutlich kein Problem für Schmidt. „Wir stehen enorm unter Druck. Von Wintersport habe ich keine Ahnung, und ich spreche kein Italienisch. Ich bin prädestiniert für den Job.“

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