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Medien: Senderstörung

Neue Tarife für Internetradios: Vor allem die kleinen Stationen fühlen sich in ihrer Existenz bedroht

Jeder Empfänger solle auch sein eigener Sender sein, dieser Forderung von Bertolt Brecht haben vor allem viele junge Menschen in den letzten Jahren beherzigt und eigene Internetradios gegründet. Außer einer möglichst gut sortierten CD-Sammlung, einem Computer und der Bereitschaft, sich mit seinem Musikgeschmack der weltweiten Kritik zu stellen, brauchte es dazu wenig. Doch die auf mehrere Tausend geschätzten privaten Hobbyradios im Internet, auch Webcaster genannt, sehen sich nun in ihrer Existenz bedroht. Die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsrechten (GVL), die sich um die urheberrechtliche Vergütung von Künstlern und Plattenfirmen kümmert, hat die „bisherige experimentelle Lizenzierung“ zum 31. März aufgekündigt. Ab April gelten dann neue, zum Teil erheblich höhere Tarife.

Frank Brach vom Internet-Radio RMNradio aus dem Saarland, das knapp vor dem Sprung in die Profi-Radioliga ist, warnt vor einem Kahlschlag bei den Kleinstradios. Brach gehört zu den Initiatoren der Webseite www.gvl-protest.de. Auf der Seite ist neben der Warnung „1000 Prozent und mehr“ ein kleines Kind abgebildet, zusammen mit den Worten: „Ich will später auch noch Internetradios hören können.“ Bereits 8000 Internetnutzer haben sich in die Unterschriftenliste der Protest-Site gegen die Tariferhöhungen eingetragen.

Die Lizenzgebühren, das wird auch von der GVL nicht bestritten, werden Anfang April deutlich steigen. Zahlten die Hobby-Webcaster bislang pauschal 25 Euro im Monat an die Rechtevermarkter dafür, dass 25 Hörer gleichzeitig den Radio-Stream empfangen können, so wird künftig nach den tatsächlichen Abrufen entgolten. Pro Lied und Hörer werden 0,05 Cent fällig, mindestens aber 500 Euro im Jahr. Hinzu kommen Gebühren für das Kopieren der Musikstücke auf die Festplatte, für Abrufe aus dem Ausland – und natürlich noch Abgaben an Autoren und Komponisten über die Gema.

Für Thilo Gerlach, Geschäftsführer der GVL in Berlin, ist die Kritik an der Gebührenerhöhung dennoch nicht nachvollziehbar. Sie sei notwendig geworden, weil sich die technischen Rahmenbedingungen geändert hätten. Eine Pauschalberechnung mit 25 Hörern entspreche nicht mehr der Realität. Auch in den Mindestgebühren sieht er keine übermäßige Härte: „500 Euro im Jahr sind immer noch billiger als viele andere Hobbys. Denken Sie nur an Modelleisenbahnen“, sagt Gerlach. Dass nun ein großflächiges Webradio-Sterben beginne, wolle er nicht hoffen, auch wenn dies kein Kriterium für seine Organisation sein könne, die sich um die Rechte ihrer Mitglieder kümmern müsse. Seine Empfehlung: Statt rund um die Uhr zu senden, sollten die Hobby-Webcaster ihr Angebot auf bestimmte Tageszeiten einschränken, um dann mehr Hörer zu gleichen Kondititonen erreichen zu können.

Doch bei den den Lizenzen geht es nicht nur ums Geld, sondern auch um die Inhalte. Egal, ob nun Hobby-Radio, Halbprofi oder kommerzielle Radiostation im Internet: Weil das Netz global operiert und nicht an den Landesgrenzen endet, müssen sich die Webcaster künftig anders als die UKW-Radioanbieter vorschreiben lassen, was sie abspielen. So wird unter anderem festgeschrieben, dass innerhalb von drei Stunden nicht mehr als drei Stücke desselben Albums laufen dürfen.

„Ich hätte mir auch lieber andere Verfahren gewünscht, um das Mitschneiden von Songs zu beschränken“, sagt dazu Thilo Gerlach. „Aber“, so fügt er an, „wir können die internationalen Rechte nur in diesem Rahmen erhalten. Die USA haben ihre Gesetze durch den Digital Millennium Copyright Act als erste geändert und damit einen internationalen Standard etabliert.“ Für jedes andere Radio gilt weiterhin die Devise: Was auf CD erschienen ist, darf auch gespielt werden, wobei erst die Praxis zeigen wird, wie sich die regulären UKW-Radios, die ihr Programm auch ins Internet übertragen, darauf einstellen werden.

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