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„Don’t cry for me Argentina“. Staatsanwältin Henrike Habermas (Natalia Wörner) vernachlässigt vor lauter Karaoke ihren Beruf. Foto: SWR

© SWR/Peter A. Schmidt

Sontags-Krimi: Tod eines Piraten

Das Anprangern von Umweltsünden wird im Stuttgarter „Tatort“ zur mörderischen Angelegenheit. Ein Lichtblick im eher routiniert gemachten Krimi ist das Gastspiel von Natalia Wörner.

Der Cannstatter Pfeiler hat es zu einiger Berühmtheit gebracht: „Kantig, kultig, kräftezehrend“ preist die Sektion Stuttgart des Deutschen Alpenvereins den 18 Meter hohen Sandsteinpfeiler einer ehemaligen Bahnstrecke an. Dem Studenten Lukas Baumann werden die „anspruchsvollen Leisten und Aufleger“, an denen Freeclimber ihre Geschicklichkeit messen, jedoch zum Verhängnis. Als er den Aufstieg beinahe geschafft hat, verlassen ihn die Kräfte und er stürzt bei seinem nächtlichen Kletterausflug in die Tiefe. Doch schnell erkennen die Stuttgarter Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller und Sebastian Bootz (Felix Klare) bei ihren Untersuchungen, dass es sich keineswegs um einen Unfall mit tödlichem Ausgang handelt. Offensichtlich wurde der Sturz mit Schüssen einer Luftdruckpistole herbeigeführt. Die Mordermittlungen können beginnen. Die wirkliche Überraschung aber ergibt die Obduktion der Leiche. Lange zu leben hätte der Student der Politikwissenschaften ohnehin nicht mehr gehabt, sein Körper war im höchsten Maße mit Schwermetallen kontaminiert. Zink, Blei, Kadmium, aber vor allem Quecksilber fanden sich in seinem Körper. Dazu passt, dass Lukas nicht nur ein begeisterter Kletterer war, sondern zudem einer Umweltschutzorganisation names Eco-Pirates angehörte.

Die „Tatort“-Folge „Tote Erde“ fällt zwar nicht gerade aus der Zeit, einen aktuellen Aufhänger für dieses Thema gibt es dennoch nicht. Doch bei der Vielzahl von 20 verschiedenen „Tatorten“ in der ARD ist es auch gar nicht nötig, an jedem Sonntag auf einen neuen gesellschaftlichen Missstand hinzuweisen. Schließlich gibt es gerade bei der Umweltproblematik noch viele Aspekte, die weniger bekannt sind. Die Umweltaktivisten, mit denen es Lannert und Bootz zu tun bekommen, haben es sich ebenfalls zur Aufgabe gemacht, bislang unerkannt gebliebene Umweltverbrecher an den Pranger zu stellen. Der Pranger der Neuzeit besteht dabei einerseits aus dem kultigen Cannstätter Pfeiler, der hervorragend dafür geeignet ist, die Gesichter der „Umweltschweine“ übermannsgroß auf Plakaten darzustellen. Andererseits spielt das Internet eine wichtige Rolle, auch bei der Aufklärung des Verbrechens. Diese gestaltet sich höchst kompliziert, zumal Lukas’ Freund Timo (Philipp Quest) flüchtig ist und die Freundin des ermordeten Studenten (Paula Kalenberg) offenbar wenig wusste und noch weniger auszusagen bereit ist.

Das Buch zu „Tote Erde“ stammt von Wolf Jakoby und Thomas Freundner, der auch Regie führte und bereits auf eine ganze Reihe von „Tatort“–Arbeiten zurückblicken kann. Für den Frankfurter „Tatort: Herzversagen“ hatte er 2005 zusammen mit Stephan Falk sogar einen Grimme-Preis erhalten. Der aktuelle Fall gehört indes eher in die Kategorie „routiniert bis gediegen“. Selbst ein Versetzungsgesuch von Bootz kann die Partnerschaft der beiden Kommissare nicht ins Wanken bringen.

Immerhin gibt es ein unterhaltsames Gastspiel von Natalia Wörner, die als Staatsanwältin Henrike Habermas ihre Kollegin Emilia Alvarez vertritt. Allerdings ist Habermas nicht richtig bei der Sache. Frisch in den aalglatten Unternehmer Johannes Riether (Mark Waschke) verliebt, konzentriert sie sich mehr auf ihre Auftritten als Karaoke-Sängerin denn als Staatsanwältin. Doch das bleibt ein einmaliger Ausrutscher, der dem Fernsehzuschauer eine weitere Facette von Natalia Wörners Können offenbart. Im nächsten Fall wird die Schauspielerin Carolina Vera wieder dabei sein. Kurt Sagatz

„Tatort: Tote Erde“, ARD, 20 Uhr 15

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