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Medien: Tennis statt Tetris

In der Zukunft des Videospiels heißt Action, dass sich die Spieler selbst bewegen sollen

Tennis spielen ist einfach und macht im Doppel besonders Spaß: Beim Golfen schießt der Ball zwar öfters übers Ziel hinaus, dafür kann einem beim Baseball nichts Schöneres passieren, als den Ball über die Spielfeldbegrenzung hinaus zu schlagen. Neu daran ist, dass man sich für diese und viele andere Sportarten künftig nicht einmal vor die Haustür zu begeben braucht, weil die neueste Generation der Videospielekonsolen den Centercourt und den Golfplatz ins eigene Wohnzimmer holen. Auf der Videospiele-Messe Games Convention, die noch bis Sonntag in Leipzig stattfindet, kann man sich derzeit ein Bild davon machen, wie nah die virtuelle Freizeitgestaltung an die originalen Vorbilder heranreicht.

Die Spiele werden immer realistischer, weil die technische Entwicklung die dafür nötigen Voraussetzungen schafft. Ein noch wichtigerer Grund ist für die Video- und Computerspiele-Industrie aber, dass der Markt nur noch durch neue Kundengruppen erweitert werden kann. Und dies ist nur zu schaffen, wenn man die Nichtspieler für sich gewinnen kann, die keine Lust auf sperrige Steuergeräte mit vielen bunten Knöpfen haben. Und wenn man mit dem Vorurteil aufräumt, dass Videospiele automatisch brutal und Videospieler dick, blass und auf der Couch festgewachsen sind.

„Lassen Sie die Knöpfe einfach in Ruhe, denken Sie sich den Controller als Tennisschläger“, erklärt eine Promoterin von Nintendo den Besuchern im Business Center den ungewohnten Umgang mit der neuen Spielekonsole Wii (wie das englische „we“). Zwar fehlt der strahlend weißen Fernbedienung so gut wie alles, was zu einem echten Tennisschläger gehört. Über die ausgeklügelten Bewegungssensoren ist es dennoch möglich, die Bälle genau zu spielen. So vergessen die vier Spieler, die vor dem übergroßem Flachbildschirm stehen und sich die Bälle zuspielen, recht schnell, dass es eigentlich gar keinen Ball gibt, den man da gerade über das Netz befördert. Ähnlich geht es in den anderen Kabinen des Nintendo-Standes zu, bloß das hier nicht Tennis, sondern Golf oder Baseball auf dem Programm stehen – oder Nahkampf mit Schild und Schwert. Statt sich immer neue Knöpfchenkommandos merken zu müssen, reicht es bei den künftigen Videospielen aus, einfach die gewohnte Hand- oder Armbewegung zu vollführen. Man darf gespannt sein, wohin dieser Trend noch führen wird.

Eine neue, noch leistungsfähigere Videokonsole hat neben Nintendo auch Sony mit der Playstation 3 für das diesjährige Weihnachtsgeschäft angekündigt. Wie jedoch das neue Spielen bei Sony aussehen wird, wollte Sony zumindest auf der Games Convention nicht verraten. Immerhin hat Sony mit den so genannten Social Games wie „Eye Toy“ oder „Singstar“ für die Playstation 2 überhaupt erst dafür gesorgt, dass Videospieler nicht mehr nur ins sich gekehrt auf der Couch sitzend ihre Controller bearbeiten, sondern nun vor dem Fernseher singen, springen, hüpfen, wischen, wedeln oder tanzen.

Und was ist mit dem dritten im Bunde, der Spielekonsolen-Hersteller? Microsoft, die mit der Xbox 360 bereits Ende letzten Jahres ihre Konsolen der nächsten Generation auf den Markt gebracht haben, sieht zwar ebenfalls den Trend zu den sozialen und natürlichen Spielen. „Wir wollen aber nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen“, sagt Felix Petzel. Zuerst will Microsoft die installierte Basis von Xbox-360-Geräten auf zehn Millionen Stück bis Ende des Jahres steigern, „indem wir die richtigen Spiele für unsere Kernzielgruppe anbieten“, so Petzel. Und die lieben nichts so sehr wie actiongeladene Titel wie zum Beispiel das aus Deutschland stammende Spiel „Crysis“.

Dieses Spiel der Frankfurter Firma Crytek stellt in technischer Hinsicht die größten US-Produktionen in den Schatten. 16 Millionen Euro hat das Projekt verschlungen. Der Spieler erlebt in diesem traditionellen Actionspiel eine etwas abstruse Geschichte um einen fiktiven Nordkorea-Konflikt, die schließlich in reiner Science Fiction mit allerlei fiesen Aliens mündet. Feuer, Wasser, Rauch und Naturereignisse wie Erdbeben und Tornados werden glaubhaft wie nie inszeniert.

Und „Crysis“ ist kein Einzelfall. Im Gegenteil: Auffallend viele gute PC-Spiele aus deutschen Studios werden in diesem Jahr in Leipzig präsentiert. Von dem Berliner Entwickler SEK Ost stammt das Echtzeitstrategiespiel „Paraworld“. In einer archaischen Parallelwelt führt der Spieler eines von drei Völkern mit mächtigen Dinosauriern in groß angelegte Schlachten. Der Titel setzt gezielt auf die Online-Spieler, die ihr Geschick regelmäßig im Wettkampf messen. Die European Sports League (ESL), eine der großen Online-Ligen Europas, hat das Spiel als offizielle Disziplin aufgenommen.

Mit „Anno 1701“ geht zudem die erfolgreichste deutsche Aufbaustrategie-Serie in die dritte Runde. Wie in den Vorgängern dreht sich alles um die Besiedelung und den Handel in einer mittelalterlichen Inselwelt. „Anno“ zeigt sich in Leipzig erstmals in einer wunderschönen 3D-Grafik und mit einer unglaublichen Fülle an Details. Gesiedelt und gebaut wird auch in einem Remake von „Die Siedler 2“ – eine Eins-zu-eins-Umsetzung des Spiels von 1996. In der Neuauflage wird zeitgemäß in 3D gewuselt und die Spieler können sich zu Partien im Netzwerk oder via Internet treffen. Nur einige wenige Beispiele aus Leipzig, die zeigen: in Deutschland sind nicht nur viele Spieler, sondern mittlerweile auch hervorragende Spiele-Entwickler zu finden.

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