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TV-Porträt: Der Spezialist

US-Schauspieler Mark Harmon macht mit der Krimiserie „Navy CIS“ eine Art späte Karriere – und Sat 1 glücklich

Jan Josef Liefers, Maria Furtwängler, Eva Mattes, Axel Milberg? Von Zeit zu Zeit sieht man die „Tatort“-Kommissare am Sonntagabend gern, aber fragen Sie mal, was Ihre Kinder zur gleichen Zeit am liebsten gucken: „Navy CIS“, auf Sat 1. Mit der schnellen US-Serie um ein unorthodoxes Ermittlerteam erreicht der Privatsender Spitzenwerte bis zu 20 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe. So gesehen ist Hauptdarsteller Mark Harmon für Millionen Fernsehzuschauer in Deutschland eine Art Schimanski. Leger gekleidet wie der Ruhrpott-Cop saß der US-amerikanische Schauspieler in dieser Woche dann auch in einem Berliner Luxushotel und gewährte Journalisten Einblicke in das Uhrwerk, die Faszination erfolgreicher US-Serien.

Mark Harmon auf Europatour. Fernsehsender haben ihn eingeladen, so wie jüngst Michael C. Hall („Dexter“) oder Kiefer Sutherland („24“). München, Berlin, Paris, ein Interviewmarathon in drei Tagen. Anders als Sutherland, der in London stecken blieb, wurde Harmon aber kein Flugopfer der Aschewolke. Wahrscheinlich ist die Laune deswegen so gut. „How are you? Nice to meet you!“ Seltsam, so etwas wirkt bei US-Amerikanern stets angenehm ungekünstelt, selbst wenn sich hinterher herausstellt, dass auch mit netter Fassade wenig zu sagen ist. In den USA jedenfalls sehen Harmon Woche für Woche 20 Millionen Menschen im Fernsehen. Er ist wohl das, was man einen Fernsehstar nennt, einer jedoch, der sich kaum Mühe geben muss, nicht wie ein Fernsehstar auszusehen. Hemd, Jacke, Freizeitklamotten. Autogramme auf der Straße, viele junge Fans, die im deutschen Fernsehen sonst eher Stefan Raab gucken. Den kennt Mark Harmon natürlich nicht. Ein smarter Medienprofi. Harmon weiß, dass die Promotouren zum gut dotierten Job gehören.

Insider schätzen, dass Hauptdarsteller einer US-Serie über 100 000 Dollar pro Episode verdienen. Nach seinem genauen Einkommen fragt man Mark Harmon jetzt mal lieber nicht. Nachher kommt er derart tough drauf wie seine Rolle in „Navy CIS“, die des Special Agent Leroy Gibbs, der in der laufenden siebten Staffel noch etwas geheimnisvoller wird, zu sehen sonntagabends auf Sat1 und im Juni via Sky als Staffelwiederholung bei 13th Street.

Für Leute, die sonst nur „Tatort“ gucken: In dieser Serie geht es um ein Team von Agenten, die Verbrechen untersuchen, die auf irgendeine Weise mit der US-Navy oder dem Marine Corps zu tun haben. Die Agenten sind keine Militärangehörigen, operieren außerhalb der Befehlskette, als US-Bundesbehörde Naval Criminal Investigative Service (NCIS). Die Fälle reichen von Spionage, Tötungsdelikten bis hin zu Terrorismus und gestohlenen U-Booten. Wenn nötig, wird undercover ermittelt. Die Hauptdarsteller sehen aus wie Models, vor allem Gibbs’ Stellvertreter „Tony“ DiNozzo und Ziva, eine Mitarbeiterin des israelischen Geheimdienstes Mossad. Für die einen ist das Quatsch, Todeskampf des menschlichen Bewusstseins, für die anderen Television im 21. Jahrhundert. Ohne Krimi ist Fernsehen ohnehin nicht mehr denkbar.

Seit 2003, in über 150 Folgen, spielt Harmon den Spezialisten. Ein Alter Ego? „Nein, sicher nicht.“ Der Schauspieler lächelt. Ein Vorzeigelächeln. Harmon war mal „Sexiest Man Alive“, 1986. Er ist verheiratet, zweifacher Vater, seine Frau mit auf Europatour. Dieser Gibbs ist Ex-Scharfschütze, hochdekorierter Irakveteran, vier Mal verheiratet, spricht fließend Russisch, beherrscht die Gebärdensprache sowie Japanisch und Chinesisch. In der Freizeit baut er im Keller Boote. Eine charismatische Rolle.

Ein gutes Krimithema. Vielleicht ist Armee in. Im US-Fernsehen liegt „Navy CIS“ unter den Top Five. Und vier Millionen Zuschauer hierzulande sind ein Glücksfall für Sat 1. Harmon rückt sich im Stuhl zurecht, hüstelt, fast verlegen. Noch mal der Versuch, den Medienprofi aus der Reserve zu locken. Im September wird der Schauspieler 59. Brachte „Navy CIS“ seinem Hauptdarsteller späten Ruhm? „Nein, schauen Sie, manches funktioniert, manches eben nicht.“ Die Ehre „Sexiest Man Alive“ („Wer hat mich da eigentlich gewählt?“) teilt er sich ja mit Kalibern wie George Clooney oder Matt Damon. Er spielte Theater, drehte Serien à la „Flamingo Road“ und bekam für die Darstellung eines Serienmörders eine Golden-Globe-Nominierung. Dazu ein paar Kinofilme. Und dann „Navy CIS“, wo Harmon jetzt auch Producer ist. Wieder dieses Hüsteln. Eine Erkältung. Die Erfolge von „Navy CIS“ seien für ihn keine Überraschung, die Stoffe teils der Realität entlehnt. Ein solches Ermittlerteam gibt es wirklich. Und man arbeite eben sehr hart an der „Show“. Eine Folge in neun Drehtagen. Das Ganze 23 Mal hintereinander für eine Staffel.

So einfach ist das. Bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit Serien in den Staaten als „Show“ bezeichnet werden. Das drückt sicher auch den Respekt vor Formaten wie „Desperate Housewives“, „Lost“, „24“ oder „CSI“ aus. In den USA stehen diese Fernsehwerke fast auf einem Level mit Kino. Mark Harmon würde daher auch gerne mit „Navy CIS“ weitermachen. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr. Wie eine deutsche Fernsehshow aussieht, darüber konnte er sich gleich am ersten Abend in München ein Bild machen. Da schaute Harmon im Hotel „Wetten, dass..?“, Gottschalk in der Mallorca-Arena. Wie das der Schauspieler fand, sagt er nicht. Auf dem anderen Kanal lief „Tatort“.

„Navy CIS“, Sat 1 , 20 Uhr 15

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