zum Hauptinhalt

Vox-Serie: Draculas Auferstehung

Bram Stokers Blutsauger versetzt für eine Staffel das viktorianische London in Angst und Schrecken. Die Hauptfiguren sind bekannt, doch ihre Rollen haben sich gewandelt.

Man könnte sie für Grabräuber halten, wie sie sich durch das Loch in der Decke abseilen, hinunter zu dem großen Sarkophag. Doch statt eines Schatzes wartet dort auf einen der Männer nur der Tod. Sein Blut rinnt in die Kehle einer mumifizierten Gestalt, deren Haut sich sogleich straft: Wieder einmal kann Dracula auferstehen, um von Montag an in der gleichnamigen Serie des Privatsenders Vox Angst und Schrecken unter den Menschen zu verbreiten.

Es sind die bekannten Hauptfiguren aus Bram Stokers Vampirklassiker, die durch die TV-Produktion geistern. Allerdings in erheblich abgewandelten Rollen. Dracula stammt zwar weiterhin aus den rumänischen Karpaten. Er hält sich dieses Mal jedoch aus einem ganz anderen Grund in London auf – und in anderer Aufmachung als der von Christopher Lee so unnachahmlich dargestellte Vampirgraf. In der Serie sucht Dracula als amerikanischer Geschäftsmann Alexander Grayson Anschluss an die bessere Londoner Gesellschaft. Grayson teilt die Begeisterung der Menschen des ausgehenden 19. Jahrhunderts für jegliche Erfindungen. Er will die Kräfte des Geomagnetismus nutzbar machen, um elektrische Energie drahtlos zu übertragen. Auf einem von ihm ausgerichteten Ball überrascht Grayson seine Upper-Class-Gäste mit einer technischen Spielerei. Sein Faktotum Renfield, sonst als unterwürfiger Mann mit einer Vorliebe für Insekten bekannt, wird nun von dem kräftig gebauten Schwarzen (Nonso Anozie) gespielt. Und Jonathan Harker, der Anwaltsgehilfe aus Stokers Roman, ist nun ein aufstrebender Journalist, den Dracula für seine Zwecke einspannen will.

Dracula und van Helsing machen gemeinsame Sache

Mehr noch ist der Vampir allerdings an dessen Verlobter Mina Murray (Jessica de Gouw) interessiert. In der Vox-Serie studiert sie Medizin bei Abraham van Helsing. Auch dessen Rolle hat sich gewandelt. Der Ober-Vampirjäger macht gemeinsame Sache mit Dracula. Zusammen befinden sie sich auf einem Rachefeldzug gegen den mächtigen Drachenorden, der seit Jahrhunderten Jagd auf Vampire macht und dabei auch unter den Normalsterblichen Opfer zurückgelassen hat, so auch bei van Helsing. Die Macht des Ordens ist groß. Ihre letzte Vampirsäuberung in London haben sie nachträglich als Whitechapel-Morde Rippers getarnt.

Die Geschichten von Dracula und anderen Vampiren begeistern bis heute Kinogänger und Fernsehzuschauer, man denke nur an die Verfilmungen der „Twilight“-Bücher oder die TV-Serien „True Blood“ oder „Vampire Diaries“. Dracula ist mit Jonathan Rhys Meyers exzellent besetzt. Im Fernsehen gab der in Irland geborene Schauspieler für die „Die Tudors“ König Heinrich VII., im Kino war er unter anderem in „Kick it like Beckham“, Oliver Stones „Alexander“ und „Match Point“ von Woody Allen zu sehen. Dem blutsaugenden Untoten mit dem Fortschritts-Faible gibt Rhys Meyers einen interessanten Touch. Sein Mitstreiter van Helsing wird von Thomas Kretschmann dargestellt, der in einigen sehr erfolgreichen Hollywood-Produktionen („Der Pianist“) mitgespielt hat.

Die Bilder des viktorianischen London sind großartig. Für Szenen wie beim großen Ball oder in der Oper wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Für Sex-Appeal sorgen Mina als ferne Versuchung und Ordensfrau Jayne Wetherby (Victoria Smurfit) als aufreizende Gegnerin. Auch an Opfern des Blutsaugers mangelt es nicht. Dennoch war „Dracula“ dem US-Publikum wohl zu blutleer. Nach nur einer Staffel wurde die Serie eingestellt. Mit ihrer Serie „Downton Abbey“, die zeitlich nur wenig später angesiedelt ist, waren die Produzenten erheblich erfolgreicher. Doch so unsterblich wie die Romanfigur Dracula ist eben keine Fernsehproduktion. Kurt Sagatz

„Dracula“, zehn Folgen, Vox, montags ab 22 Uhr 10

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false