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Was geht hier vor? CCTV hat populäre Journalisten von nationalen Sendern eingekauft. Beatrice Marshall hatte zuvor bei einem beliebten Privatsender in Kenia gearbeitet.

© Tsp

Wie China den Medienmarkt verändert: Diesseits von Afrika

Während die westlichen Auslandssender seit der Finanzkrise sparen müssen, rollt China den Medienmarkt in Afrika auf. Kontroverse Themen werden dabei eher ausgespart.

Während die westlichen Auslandssender seit der Finanzkrise sparen müssen, rollt China den Medienmarkt in Afrika auf. Die Deutsche Welle streicht Radioprogramme in afrikanischen Sprachen, der britische Sender BBC sendet fast nur noch auf English, Ähnliches gilt für France24 oder Voice of America. Die Medienoffensive begann nach den Olympischen Spielen in Peking 2008, bei denen sich China publizistisch ziemlich schlecht behandelt sah.

Dabei hat Chinas Medienpräsenz in Afrika eine lange Tradition. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua ist seit den 1950er Jahren in Afrika vertreten. Damals ging es vor allem darum, befreundete Befreiungsbewegungen im Kampf um die Unabhängigkeit zu unterstützten. Nach 2008 begann China mehr in Korrespondentenbüros in vielen afrikanischen Länder zu investieren. Xinhua ist derzeit mit 30 Korrespondentenbüros mit 60 chinesischen und 400 afrikanischen Journalisten auf dem Kontinent vertreten. Die Nachrichten von Xinhua bekommen afrikanische Medien günstig oder sogar umsonst.

Zudem rüstete China afrikanische Staatssender mit der neuesten Technik auf. Die afrikanischen Regierungen haben sich dafür mit großzügigen Staatsaufträgen zum Ausbau der Breitbandnetze vor allem für den Konzern Huawei und andere chinesische Firmen revanchiert.

Das Flaggschiff ist der chinesische Fernsehsender CCTV Africa. 2011 eröffnete in Nairobi ein riesiges Fernsehstudio des staatlichen Fernsehsenders mit 40 chinesischen und 70 afrikanischen Journalisten. CCTV Africa strahlt eine tägliche Nachrichtensendung auf Englisch aus. „Africa Live“ sendete am Donnerstag fast 20 Minuten lang Berichte und Hintergründe zum Terroranschlag auf die Universität in Garissa im Nordosten Kenias. Es folgte eine Analyse mit mehreren Beiträgen zum Wahlausgangs in Nigeria. Journalismus, wie er anderswo auch gemacht werden könnte. Einen unkritischen Bericht über die Regierung Simbabwes und ihre Bemühungen, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen, würde man in anderen Medien dagegen nicht finden. Und dann gab es einen Beitrag, der typisch ist für das Selbstverständnis, das chinesische und afrikanische Journalisten teilen: ein langes Porträt eines kenianischen Unternehmens, das aus alten Flaschen Fenster-Mosaike macht.

Keine negativen Nachrichten

Mohamed Keita, Afrikaanalyst für das Komitee zum Schutz von Journalisten beschrieb diese Herangehensweise in der „New York Times“ so: „Chinas und Afrikas Regierungen stimmen tendenziell darin überein, dass sich die Presse auf kollektive Errungenschaften konzentrieren und öffentliche Unterstützung für den Staat mobilisieren sollte, anstatt über kontroverse Themen oder sogenannte negative Nachrichten zu berichten.“ Auf der CCTV-Internetseite liest sich der Anspruch ähnlich. Er werde, „Plattform für sein chinesisches Publikum sein, um Afrika besser zu verstehen, und die chinesisch-afrikanische Freundschaft fördern“. So könne das „wirkliche China in Afrika vorgestellt“ und das „wirkliche Afrika der Welt präsentiert“ werden.

CCTV sendet auf Frequenzen, auf denen sonst Staatssender zu sehen sind, oder kauft sich in Frequenzen populärer, aber finanziell oft klammer privater Sender ein. Neben der einstündigen Nachrichtensendung produziert CCTV ein Wirtschafts- und ein Sportprogramm, eine wöchentliche halbstündige Diskussionssendung über aktuelle afrikanische Themen und ein Dokumentarprogramm „Gesichter Afrikas“.

CCTV hat angesehene und populäre Fernsehjournalisten von nationalen Sendern eingekauft. „Africa live“ beispielsweise wird von Beatrice Marshall präsentiert, die zuvor beim beliebten Privatsender KTN in Kenia gearbeitet hat, und die eine Town-Hall-Veranstaltung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel moderierte, als diese 2011 Kenia besuchte.

Dennoch wird CCTV noch nicht als Konkurrenz zu Al Dschasira, dem Nachrichtenkanal aus Katar mit umfangreicher Afrika-Berichterstattung, der BBC oder dem US-Sender CNN wahrgenommen. China versucht sich mit seinen Staatsmedien in aller Welt als friedliche Großmacht zu präsentieren, der an guter Zusammenarbeit und wirtschaftlichem Wachstum gelegen ist. Und in China versuchen diese Journalisten zu erklären, was das Land in Afrika eigentlich macht.

In den 1990er Jahren fand eine Öffnung der Medienmärkte statt

Bis zum Siegeszug von Al Dschasira waren die westlichen Auslandssender oft die besten und manchmal einzigen Informationsquellen für kritische Geister in Afrika. Erst mit der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte seit den 1990er Jahren fand eine Öffnung der Medienmärkte statt. Zuvor gab es in vielen Ländern nur staatliche Medien, in einigen wie Ruanda ist das bis heute so.

Nun kommt über den Einstieg von Al Dschasira und CCTV mehr Vielfalt in die Berichterstattung. Über die politische Lage sogar in Nachbarländern erfahren Afrikaner fast nur etwas bei der BBC oder bei Al Dschasira. Eigene Korrespondenten gibt es nahezu nicht. Es gibt auch keine afrikanischen Korrespondenten im Rest der Welt. Nachrichten über Deutschland kommen in vielen afrikanischen Ländern indirekt über BBC oder France24 an und seit einiger Zeit eben auch über Al Dschasira und CCTV – mit einem deutlich kritischeren Blick auf den Westen.

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