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Mit dem Zweiten sieht er besser. Der CDU-Politiker Ruprecht Polenz, 70, leitet den ZDF-Fernsehrat seit 2002. Er verlässt das Gremium mit dessen Neukonstituierung im Juli.

© picture alliance / dpa

ZDF-Fernsehratschef Polenz: „Der Ausschluss der Parteien ist falsch“

Die Gremien des ZDF ändern sich. Ein Gespräch mit Fernsehratschef Ruprecht Polenz über falsche und richtige Reformen - und die Causa Böhmermann.

Herr Polenz, der Fernsehrat des ZDF wird im Juli von 77 auf 60 Mitglieder verkleinert. Eine Zäsur?

Der neue Fernsehrat wird nach dem geänderten Staatsvertrag staatsferner. Und er wird, wie es aussieht, jünger und weiblicher.

Das klingt gut. Wird er auch grüner?

Das lässt sich noch nicht absehen. Aber es sollen jetzt ja auch kleinere gesellschaftliche Gruppen im Fernsehrat repräsentiert werden. Insofern wird er vielleicht bunter.

Wie viele neue Gesichter werden wir sehen?

Ich habe das nicht gezählt. Aber 30 neue werden es schon werden.

Eine neue Unübersichtlichkeit?

Das glaube ich nicht. Der Fernsehrat bemüht sich sehr um Transparenz. Sie können unter www.zdf.de nachlesen, wo die Mitglieder herkommen, was sie machen. Und der Fernsehrat tagt öffentlich, was noch anders war, als ich 2000 dazugekommen bin. Das ist eine positive Entwicklung. Außerdem gibt es eine Arbeitsgruppe Transparenz, die sich Gedanken darüber macht, was man in dieser Hinsicht noch machen könnte.

Ist der Fernsehrat des ZDF ein demokratisches Gremium?

Er ist demokratisch legitimiert, aber sozusagen indirekt. Der Fernsehrat wird nicht direkt vom Volk gewählt. Seine Mitglieder werden entsandt.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil dem ZDF eine größere Staatsferne verordnet. Das ändert doch eigentlich alles, oder?

Die ZDF-Verfassung hat immerhin 50 Jahre gehalten, ehe festgestellt wurde, dass sie nicht verfassungskonform sei. Und der Staatsvertrag wurde auch nicht sofort außer Kraft gesetzt, sondern es gab eine Frist, innerhalb derer gewisse Veränderungen umgesetzt werden sollten. So verkehrt kann die alte Regelung also nicht gewesen sein.

Ist es nicht so, dass mit dem Urteil dem „Parteiensender“ ZDF der Boden unter den Füßen weggezogen wurde?

Wenn Sie es so sehen! Man kann mit einigem Recht der Meinung sein, dass mit dem Urteil 16 Ministerpräsidenten eine Ohrfeige verpasst wurde.

Sie sagen das so ruhig. Hätte es dieses Urteils gar nicht bedurft?

Hätte, hätte. Ich halte es allerdings nicht für richtig, wie jetzt die Staatsseite, also die 30 Prozent des Fernsehrates, die aus der Politik kommen, bestimmt werden. Man hat von den 20 „staatsfernen“ Sitzen gleich 16 mit Vertretern der Länder besetzt. Ich halte es für falsch, politische Parteien, die bisher auch ein Entsenderecht für den Fernsehrat des ZDF hatten, völlig auszuschließen. Parteien sind keinem Interessenverband zuzuordnen, sondern von Idee und Anspruch her auf das Ganze bezogen. Und wenn man dann noch bedenkt, dass die Länder auch bei der Besetzung der Vertreter der gesellschaftlich relevanten Gruppen mitreden, dann haben sie sich eine ganze Menge Einfluss gesichert.

Es wurde oft gesagt, die Parteien im Gremium seien die Wurzel aller Übel gewesen.

Dem würde ich aus voller Überzeugung widersprechen. Wir führen keine Wortprotokolle. Wenn der Fernsehrat das täte, könnten Sie aus den Protokollen nicht ersehen, ob jemand von dieser oder jener Partei, oder diesem oder jenem Verband gesprochen hat.

Das schlechte Urteil über die Parteien in der Öffentlichkeit ist also ungerechtfertigt?

Ja. Es hat auch keine Lagerbildung gegeben. Auch die Journalisten sind nicht in Lagern unterwegs. Das hat es alles so nicht gegeben.

Mit anderen Worten: Den Spruch aus Karlsruhe hätte es nicht gebraucht.

Anlass für die Klage war ja die sogenannte „Causa Brender“. Daran war der Fernsehrat, der für das Programm zuständig ist und nicht für die Verträge mit Mitarbeitern, nicht beteiligt. Das war Sache des Verwaltungsrats.

Zum Dank dürfen Sie, also die Politiker, den Fernsehrat geschlossen verlassen.

Warum ging es denn: Der Verwaltungsrat wollte in seiner Mehrheit die vom Intendanten angestrebte zweite Vertragsverlängerung des Chefredakteurs Brender nicht. Der Fernsehrat und ich waren mit der Arbeit des Chefredakteurs durchaus zufrieden. Und was politische Absichten angeht: Wo sollen denn in der täglichen Arbeit die großen politischen Unterschiede zwischen Herrn Brender und seinem Nachfolger Peter Frey liegen? Ich sehe keine. Ich habe bis heute nicht ganz verstanden, warum die Zusammensetzung des Fernsehrats, der mit den Personalentscheidungen nichts zu tun hatte, verändert wurde, während die Zusammensetzung des Verwaltungsrats, der für Personalentscheidungen das zuständige Kontrollorgan ist, praktisch kaum verändert wurde.

Wird der neue Fernsehrat das ZDF verändern?

Die Aufgaben bleiben dieselben. Aber was passieren wird, das lässt sich nicht wirklich voraussagen. Der neue Fernsehrat wird seinen eigenen Weg finden, wie er die gesetzlich übertragenen Aufgaben wahrnimmt. Ich finde jedenfalls, dass das ZDF auf einem guten Weg ist, wenn es darum geht, Neues zu probieren und sich den Herausforderungen zu stellen, von denen es ja eine ganze Menge gibt.

Welchen Einfluss hat das Gremium?

Es gibt die gute Übung, dass der Intendant mit dem Fernsehrat seine strategischen Absichten und die aktuellen Entwicklungen diskutiert. Im Fernsehrat wird das ganze Programm des ZDF behandelt, und das hat dem Programm nicht schlecht getan.

Da klingt Stolz mit.

Der Fernsehrat macht nicht das Programm. Aber er wirkt daran mit, dass das ZDF ein erfolgreicher Sender ist und bleibt. Und wenn das ZDF erfolgreich ist, dann freut mich das natürlich.

Was sagt der Fernsehrat Polenz zum Fall Böhmermann?

Der Fall wird den Fernsehrat auf jeden Fall noch länger beschäftigen. Es geht auch um Beschwerden, die betreffende Sendung habe gegen Programmgrundsätze des ZDF verstoßen. Ich werde dem Fernsehrat vorschlagen, so zu verfahren wie in ähnlich gelagerten Fällen, wo noch strafgerichtliche Verfahren laufen: Den Ausgang der Verfahren abwarten, ehe man über die Beschwerde entscheidet. Denn eines ist klar: Wenn ein Gericht rechtskräftig einen Vorgang als strafbar bewertet, dann liegt auch ein Verstoß gegen die Programmgrundsätze des ZDF vor. Solche Beiträge haben keinen Platz im ZDF. Das würde dann auch im Fall Böhmermann gelten.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

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