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Zu PAPIER gebracht: Das Nachleben der Satansbraut

Es war ziemlich verwirrend, was sich in der vergangenen Woche um die saarländische Spitzenpiratin Jasmin Maurer abspielte. Zunächst enttarnte die Onlineausgabe des Magazins „Cicero“ sie vermeintlich als eine, die sich 2010 unter dem Spitznamen „SatansBraut89“ in einem Onlineforum gegen den Einsatz deutscher Soldaten im Irak ausgesprochen hatte, weil diese „zu schade“ dafür seien, im Nahen Osten getötet zu werden.

Es war ziemlich verwirrend, was sich in der vergangenen Woche um die saarländische Spitzenpiratin Jasmin Maurer abspielte. Zunächst enttarnte die Onlineausgabe des Magazins „Cicero“ sie vermeintlich als eine, die sich 2010 unter dem Spitznamen „SatansBraut89“ in einem Onlineforum gegen den Einsatz deutscher Soldaten im Irak ausgesprochen hatte, weil diese „zu schade“ dafür seien, im Nahen Osten getötet zu werden. Dann sprang die „FAZ“ Maurer zur Seite, die eine Verwechslung erkannt haben wollte zwischen „SatansBraut89“ und „satansbraut89“ einerseits und der richtigen „Jasmin“ und einer falschen „Jasmine“ andererseits. Angesichts des wortreichen Kleinkriegs der Edelfedern hätte man fast übersehen können, was die Protagonistin selbst in einer Gegendarstellung zu Protokoll gab, nämlich dass sie den Spitznamen „Satansbraut89“ mit kleinem „b“ lediglich kurzzeitig im Jahr 2004 verwandt habe.

Dieses Detail ist nicht uninteressant, zeigt es doch, wie digitaler Schrott, den man mit 15 produziert hat, acht Jahre später, mit 23, das Leben erschweren kann. Alberne Nicknames, peinliche Äußerungen – es wächst eine Generation öffentlicher Personen heran, die ihre Leichen in einem gut begehbaren Keller abgelegt hat.

Für die Gesellschaft ergeben sich daraus zahlreiche neue Herausforderungen. Langfristig muss sie sich darauf einstellen, von Menschen geführt zu werden, deren Vorleben als „sexymaus98“ oder „pimmelpiratXXL“ nachlesbar im Netz steht. Eine Verwahrlosung stellt das nicht dar, lediglich eine für die Würde der jeweiligen Ämter herausfordernde Transparenz. Der größte Segen für die derzeit herrschende Politikerklasse ist wohl, dass jugendliche Ausflüge in die FDJ, den Kommunistischen Bund Westdeutschland oder zu den Jungen Liberalen nicht mit nachlesbaren Meinungsäußerungen verknüpft sind. Prähistorische Krawallbilder mögen den Außenminister Joschka Fischer seinerzeit in Bedrängnis gebracht haben. Wäre dann auch noch krudes Forengeschreibsel von „spontijosch48“ aus dem Jahr ’72 bekannt geworden, hätte ihn das stürzen können.

Was daraus für die Jahre 2012 ff. folgt, ist freilich unklar: Werden am Ende jene pathologischen Karriereschleimer als Sieger vom Feld gehen, die sich heute schon mit 15 betont leisetreterisch durchs Netz bewegen? Oder wird es zu einer richtigen Persönlichkeit gehören, dass sie sich zu ihrem 15-jährigen Ich verhält? Frei nach dem Motto: „Wer mit 15 nicht satansbraut89 war, hat kein Herz. Wer es mit 25 immer noch ist, hat keinen Verstand.“ Das wäre vielleicht gar nicht so schlecht.

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