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Malaysia betrauert die Opfer von Flug MH17.

© AFP

Abschuss von Malaysia-Airlines-Flug in der Ukraine: Die Empörung muss zu Sanktionen führen

Der Abschuss von Malaysia-Airlines-Flug MH17 über der Ukraine hat der Welt die Gnadenlosigkeit von kriegerischen Auseinandersetzungen erneut blutig vor Augen geführt. Die Empörung muss sich nun kanalisieren und die Konfliktparteien zum Einlenken zwingen.

Über was wir aufgeklärt werden, sachlich, ist schon abschreckend genug. Es muss ein Abschuss gewesen sein, sagen Experten, weil die Trümmer das aussagen. Und wenn es ein Abschuss war – dann muss es ein „Todesfinger“ gewesen sein, der sich in die Luft reckte. So werden die Raketen des Flugabwehrsystems „Buk“ genannt, die von ihrer Abschussrampe steil in die Luft abstehen. Eines russischen Abwehrsystems, das es dazu in vielen Ex-Sowjetrepubliken gibt; auch die Ukraine hat „Buk“-Batterien. Oder Syrien, das nur am Rande. Womit deutlich wird, dass noch viel, viel mehr aufgeklärt werden muss.

Aber eines ist schon unzweifelhaft klar: Die Opfer sind Unschuldige, sind Fußballfans und Touristen, die nach Australien und nach Neuseeland wollten, sind Menschen mit Hoffnungen und Sehnsüchten und Familien … Sie sind Zivilpersonen, und das ist die Definition der Zivilperson: Sie gehört während eines bewaffneten Konflikts keinen Streitkräften oder sonstigen Kampforganisationen an, sie trägt keine Uniform, sie ist kein Kombattant. Das zu wissen, ist in Kriegszeiten wichtig, weil die Genfer Konventionen und auch die Haager Landkriegsordnung als Teil des Kriegsvölkerrechts besondere Regeln zum Schutz der Zivilbevölkerung aufstellen.

Unausrechenbarkeit von Konflikten

Die aber den Menschen, über die wir hier reden, nicht helfen. Sie sind tot, Opfer einer waffenstarrenden Auseinandersetzung, noch dazu Opfer, die niemals damit rechneten oder rechnen mussten. Sie kommen nicht aus der Region, sie wohnen nicht dort, sie überflogen das Gebiet nur. Was zeigt, wie wenig ausrechenbar Konflikte, ja Kriege heute sind: Sie sind unausgesprochen, asymmetrisch und irrational. Die Konfliktparteien sind schwer auszumachen, schwer auseinanderzuhalten, kaum zu bekämpfen, unendlich schwierig zu befrieden.

An wen soll man sich halten, wer ist der, der das Sagen hat? Folgt irgendeiner irgendeinem Befehl? Die Guerilla wird der Normalfall, Separatisten gelten als reguläre Armee. Opfer, ob unwillentlich oder unwissentlich, scheren sie nicht. Bedauern ist keine Kategorie, Rückzug keine Option. Die Landkriegsordnung ist längst totaler Unordnung gewichen. Regeln des Krieges? Spätestens seit Herfried Münkler wissen wir, dass das Vergangenheit ist. Vergiss Schlachtengemälde und Heldenepen, Clausewitz und wie sie alle heißen, sie taugen nur noch für Sandkastenstrategen. Heute schlachten sie Menschen ab, auf die eine oder andere Weise. Man mag es kaum für möglich gehalten haben, aber die Welt hat es geschafft, noch zynischer zu werden.

Empörung muss sich in Sanktionen niederschlagen

Und so werden Konflikte entgrenzt, territorial und in der Wahl aller Mittel. Der Kampf um eine Halbinsel oder einen Landesteil wird überall ausgetragen, hineingetragen, wird über die Opfer internationalisiert. Die Malaysier, die Niederländer, die Amerikaner, die Deutschen, die Engländer – die Liste der Betroffenen wird lang und länger. Die Liste derer, die sich empören, damit auch. Wenn so viel Empörung sich sammelt – wo macht sie sich Luft? Bei denen, hoffentlich, die den Konflikt beenden können. Und müssen: bei den Russen und den Ukrainern. Die Empörung muss sich dorthin kanalisieren, in all der Unordnung demonstrativ geordnet: nach Sanktionen, diplomatischen und wirtschaftlichen, in Stufen. Die Härte des Krieges, den sie zulassen, muss die treffen, die sogar jetzt nicht alles dagegen tun.

Der Finger, der sich in die Luft reckte, zeigt anklagend auf sie. Das endgültige Urteil kommt später.

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