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Steuerpolitik: Ach, FDP!

Die Liberalen manovrieren sich Stück für Stück an den Rand des gesellschaftlichen Diskurses, nicht nur in Steuerfragen. Aber nun eben auch dort, wo die Parteistrategen eines der Kernthemen der FDP ausmachen. Warum nur ist die Partei so langweilig?

Von Antje Sirleschtov

Wie lautet der liberale Dreisatz – 10, 20, 30 oder 15, 25, 35? Für eine Partei, die den Anspruch erhebt, das einfachste, gerechteste und niedrigste Steuersystem im Land erdacht zu haben, sollte es kein Problem darstellen, zumindestens bei einem Drittel der Bevölkerung richtige Antworten auf diese Frage zu erhalten. Und breite Zustimmung für eine Flat-Tax, die das aktuelle Steuersystem ablöst.

Doch die FDP kann mit solchen Pfunden nicht wuchern. Und das, obwohl doch seit Wochen in der Öffentlichkeit über kaum ein Thema so kontrovers debattiert wird wie über die Frage, wann und wie die Regierung der arbeitenden Bevölkerung ein Stückchen vom Milliardenkuchen abgeben wird, den uns der Wirtschaftsaufschwung eingebracht hat. Allerdings ohne die FDP. Deren Steuerpläne werden jetzt zwei Parteitagstage lang ans Licht kommen. Und auch das wahrscheinlich nur, weil man sich noch nicht mal untereinander auf einen Steuer-Dreisatz einigen kann. Ein Zufall das alles, geschuldet dem natürlichen Desinteresse an den Konzepten und Ideen einer Oppositionspartei in Zeiten großer Koalitionen?

Vielleicht doch eher ein Symptom. Dafür, wie die Liberalen Stück für Stück an den Rand des gesellschaftlichen Diskurses manövrieren, nicht nur in Steuerfragen. Aber nun eben auch dort, wo die Parteistrategen eines der Kernthemen der FDP ausmachen. Wo der Vorsitzende glaubt, besonders viele enttäuschte Wähler in der „Mitte“ abholen zu können, wenn die sich von Union, SPD und Grünen abwenden sollten.

Knapp 40 Prozent Potenzial sollen dort in der Mitte liegen, hat unlängst ein Forscher den FDP-Oberen vorgerechnet. Wie aber hebt man nur die Hälfte davon? Zumal, wenn man den Nerv dieser „Mitte“ nicht zu treffen scheint, wenn man selbst ganz unsicher in der Definition der eigenen Klientel und vor allem dessen, wonach sie strebt, zu sein scheint. Die letzte eigene Regierungserfahrung der FDP datiert im vergangenen Jahrhundert. Seither hat sich das Land immens verändert und natürlich auch die Mitte. Selbstständige – einst Kernklientel der FDP – sind heute Hartz-Aufstocker, Besserverdiener streiten für Mindestlöhne. Vielleicht liegt in diesem Umbruch ja eine Antwort auf die Frage, warum sich die Öffentlichkeit kaum mit den Liberalen befasst und auch dieser Parteitag der FDP seltsam gestrig erscheint.

Das Regieren ist wohl wichtiger für eine Partei wie die FDP, als man es glauben mag. Denn nirgendwo anders als an der Macht muss man seine eigenen Grundsätze an der Realität spiegeln, sich auf Veränderungen einzustellen, ohne das Gesicht zu verlieren.

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