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Annapolis: Nicht nur Schurken

Vom Nahost-Treffen in Annapolis erwartet niemand eine historische Zäsur. Dafür ist die Situation viel zu verfahren: Israel ist zum Umdenken nicht bereit, die Palästinenser sind uneiniger denn je. Nur die USA können einen Erfolg verbuchen: Die Teilnahme der Saudis.

Es war ein historischer Einschnitt, als Ägyptens Präsident Sadat vor genau 30 Jahren nach Israel reiste. Sein Besuch im November 1977 führte zum ersten Friedensvertrag eines arabischen Landes mit Israel. Doch auch wenn Jordanien wenig später folgte – der Kern des Konflikts, das Schicksal der Palästinenser, ist bis heute ungelöst. Selbst der wieder historische Augenblick, als 1993 die damals noch unangefochtene PLO Israel anerkannte, brachte die Palästinenser ihrem eigenen Staat nicht näher. Von der Nahostkonferenz in Annapolis erwartet niemand eine historische Zäsur.

Israel ist zu einem Umdenken nicht bereit, die Palästinenser sind uneiniger denn je. Es geht vielmehr um Schadensbegrenzung. Eine vage Erklärung, dass man den 2000 abgebrochenen Friedensprozess wieder aufnehmen will, wird dazu kaum ausreichen. Nicht nach Jahren der Gewalt und Desillusionierung, in denen der Glaube an eine Verhandlungslösung auf beiden Seiten deutlich abgenommen hat. Mehr ist in Annapolis aber nicht zu erwarten. Israel will nicht über die zentralen Punkte eines endgültigen Abkommens sprechen. Die sind seit langem klar – auch, wie eine für beide Seiten akzeptable Lösung nach internationalem Recht ungefähr aussehen müsste. Einziger Hoffnungsschimmer ist, dass die USA mittlerweile verstanden zu haben scheinen, dass der Palästina-Konflikt die zentrale Rolle bei der Befriedung der Region spielt. Und dass Verhandlungen nur Sinn haben, wenn direkt und mit Zeitplan über die Grenzen Israels und eines Palästinenserstaats, Jerusalem und die Regelung der Flüchtlingsfrage gesprochen wird. Die Strategie seit Jahren ist, auf dem Weg der Vertrauensbildung zu Verhandlungen zu gelangen. Das ist gescheitert. Allein ein endgültiges Abkommen bringt beiden Seiten Sicherheit. Setzte sich diese Erkenntnis wider Erwarten in Annapolis durch, wäre das ein Erfolg.

Sofortige Auswirkungen würde aber selbst diese späte Einsicht nicht haben. Die Differenzen sind noch größer geworden, seitdem das israelische Parlament ein neues Gesetz debattiert, das die Teilung Jerusalems verhindern soll. Und seit Israel nun die zusätzliche Anerkennung als „jüdischer Staat“ fordert, was den Verzicht der Palästinenser auf das Rückkehrrecht noch vor dem Beginn von Verhandlungen bedeuten würde. Auf palästinensischer Seite steht ein schwacher Präsident Abbas vor einem Scherbenhaufen. Er kontrolliert mit Mühe Teile der Westbank, nachdem die islamistische Hamas im Sommer die militärische Macht im Gazastreifen übernommen hat. Diese Konfrontation ist indirekt auch ein Resultat westlicher Politik, die die Hamas seit ihrem Sieg bei der Parlamentswahl 2006 boykottiert hat und nun Abbas in Annapolis den Rücken gegenüber Hamas stärken will. Bloß womit? Ohne einen Konsens unter Palästinensern ist das beste Abkommen nicht umsetzbar.

Nur die USA und Israel können bereits einen Erfolg verbuchen: die Teilnahme der Saudis. Riad, unter immensem Druck, wollte nicht als Spielverderber dastehen. Hinzu kommt Furcht vor einem erstarkten Iran. Dass Syrien dabei ist, gefällt wiederum den Arabern. Damaskus konnte wohl erreichen, dass die Golanfrage angesprochen werden kann. Wenn Annapolis dazu führt, dass die USA Syrien nicht weiter als Schurkenstaat behandeln, wäre das ein Durchbruch. Und vielleicht der erste Schritt, die von der Regierung Bush betriebene Polarisierung in der Region abzubauen. Dann wäre Annapolis mehr als die Aufstellung zu einem Gruppenbild der Hoffnungslosen.

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