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Meinung: Auch im Notfall bestmöglich verhüten

„Smarties für alle“ vom 22. Mai Den Frauenärztinnen und -ärzten geht es in der Debatte um eine mögliche Freigabe von Levonorgestrel zur Notfallverhütung nicht um berufspolitische Interessen, weil die allermeisten Frauen überhaupt nicht in die frauenärztliche Praxis kommen, sondern am Wochenende in die Notfall- und Bereitschaftsdienste der Krankenhäuser und der kassenärztlichen Einrichtungen.

„Smarties für alle“ vom 22. Mai

Den Frauenärztinnen und -ärzten geht es in der Debatte um eine mögliche Freigabe von Levonorgestrel zur Notfallverhütung nicht um berufspolitische Interessen, weil die allermeisten Frauen überhaupt nicht in die frauenärztliche Praxis kommen, sondern am Wochenende in die Notfall- und Bereitschaftsdienste der Krankenhäuser und der kassenärztlichen Einrichtungen. Es geht dem Berufsverband der Frauenärzte darum, dass die Frauen die bestmögliche Notfallverhütung bekommen. Das ist mit Levonorgestrel (LNG) nicht möglich, sondern nur mit Ulipristalacetat (UPA). UPA ist das Medikament mit der deutlich höheren Sicherheit in der Notfallkontrazeption. UPA ist weltweit rezeptpflichtig. Eine Rezeptfreiheit für LNG, das weniger wirksame Arzneimittel zur Notfallverhütung, hätte deshalb für die betroffenen Mädchen und Frauen keinerlei Vorteil bedeutet. Eine Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen, wie in dem Artikel vorhergesagt, ist bei einer Beibehaltung der jetzigen Regelung nicht zu befürchten. Sie nimmt im Gegenteil immer weiter ab. Die Rate an Schwangerschaftsabbrüchen bei Teenagern pro 10 000 Mädchen liegt in Deutschland bei 30, in der Schweiz bei 46, in Frankreich bei 56, in den Niederlanden bei 70, in den USA bei 130, in UK bei 150, in Schweden bei 225. Die Rate der Schwangerschaftsabbrüche insgesamt, bezogen auf 10 000 Frauen, liegt in Deutschland bei 56, in den USA bei 150, in UK bei 172. Vor diesem Hintergrund ist nicht einzusehen, wieso eine Rezeptfreiheit für ein veraltetes Arzneimittel die Rate an Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland senken könnte. Die Erfahrungen in anderen Ländern wie z.B. Großbritannien, in denen die Rate an Schwangerschaftsabbrüchen trotz der LNG-Freigabe weiter steigt, geben hierzu keine Hoffnung. Bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages kam darüber hinaus ein wichtiger Aspekt zur Sprache: Rezeptfreie Arzneimittel sind nicht erstattungsfähig. Die jungen Mädchen und Frauen müssten das Medikament also in der Apotheke selbst bezahlen, während bisher die ärztlich verordnete Antikonzeption, also auch die Notfall-Antikonzeption, bis zum 20. Lebensjahr von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Deshalb wäre nicht auszuschließen, dass durch die Rezeptfreiheit von LNG eine neue Hürde für eine wirksame Notfallverhütung geschaffen würde, die durchaus ihrerseits zu einer Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen führen könnte.

Dr. med. Christian Albring,

Berufsverband der Frauenärzte e. V.,

Präsident, München

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