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Markus Hesselmann (neu)

© Doris Klaas

Auf den Punkt: Berlin kapituliert

Markus Hesselmann über die S-Bahn und anderes Chaos

Von Markus Hesselmann

Touristen und Freunden aus dem Ausland ist das schwer begreiflich zu machen: Berlin versinkt im Verkehrschaos, zum zweiten Mal innerhalb von ein paar Wochen. Vor allem Ausländer glauben immer noch, dass die deutsche Haupstadt eine kreative, kosmopolitische, spannende, aber eben auch gut funktionierende, sichere Metropole ist. Die Nachrichten der letzten Tage legen das Gegenteil nahe. Da bricht bei der S-Bahn von einem Tag auf den anderen erneut das soeben noch überwunden geglaubte Chaos aus. Da attackiert ein Mob mitten in Mariendorf Polizisten. Und da brennen jede Nacht Autos, weil ein paar selbst berufene Kiez-Blockwarte das staatliche Gewaltmonopol mit Brandbeschleunigern und höherem Bewusstsein in Frage stellen.

Wenn dann der führende Kripo-Mann den Bürgern auch noch eine Mitschuld gibt, weil sie ihre Autos womöglich unbedacht abstellen, oder wenn der Regierende Bürgermeister die Verkehrssenatorin auch noch lobt, dass sie sich wie keine andere in der Stadt gegen das S-Bahn-Chaos engagiere, dann legt das den Verdacht nahe, dass Berlins Politiker- und Bürokraten-Elite den Alltag der Menschen aus dem Blick verloren hat.

Denn das sind ja nur die großen Geschichten. Vor den vermeintlich kleineren Problemen hat Berlin der alltäglichen Erfahrung nach ohnehin kapituliert. Den verdreckten Grünflächen zum Beispiel. Oder den ausfallenden Ampeln. Oder dem Gestank aus der Kanalisation. Oder der überall herumliegenden Hundescheiße, gegen die zuletzt Senator Peter Strieder vor Jahren mit so etwas wie einem stadtweiten Konzept angekämpft hat.

Gefragt sind nicht mehr kleinteilige Schuldzuweisungen und Verteidigungsreden. Gefragt ist ein urbanes Leitbild, das sich vom Primat der Kreativität, der Party, des Be Berlin wieder ein wenig in Richtung Sicherheit, Verlässlichkeit und - man traut sich den verpönten, spießigen Begriff kaum aufzuschreiben - Sauberkeit verschiebt. Der Regierende hat das Wort.

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