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Meinung: Berliner Wahlkampf: Schweigen macht Rot

Verschiedener als CDU und SPD können zwei Parteien einen Wahlkampf nicht führen. Der CDU-Kandidat Steffel macht viel - und viel falsch.

Verschiedener als CDU und SPD können zwei Parteien einen Wahlkampf nicht führen. Der CDU-Kandidat Steffel macht viel - und viel falsch. Der SPD-Kandidat Wowereit hält sich aufreizend zurück. Von der CDU ist ständig zu hören. Die SPD ist kaum spürbar. Doch die einstigen Partner haben einiges gemein: Kandidaten, von denen man wenig weiß; ähnliche Ideen, über die sie kaum sprechen. Und beide sind Gefangene ihres Vorwahlkampfes - die CDU wegen Steffel, die SPD wegen Gysi.

Diese CDU wird nicht regieren können. Für eine bürgerliche Mehrheit reicht es selbst dann nicht, wenn die FDP sensationell viel gewinnen und die CDU sensationell wenig verlieren würde. Mit den Grünen sähe es besser aus. Aber das Angebot, das Steffel machte, kam zu überraschend. Neue Bündnisse müssen vorbereitet werden. So wirkte Steffel unglaubwürdig und verwirrend. Bliebe der CDU nur die SPD. Aber die schwört: Mit dieser CDU gibt es keine Koalition. Das klingt hart. Doch wenn Wowereit nicht mit dieser CDU regieren will, dann vielleicht mit einer anderen - einer ohne Steffel. Für die CDU heißt das: Ihr Spitzenkandidat steht einer Rückkehr in den Senat im Weg. Aber sie kann ihn jetzt nicht mehr zurückziehen. Nur eine Niederlage macht den Weg wieder frei. Das ist das Dilemma der CDU.

Es ist der Partei gelungen, Steffel bekannt zu machen - zu einem hohen Preis. Ungeschicklichkeiten prägen sein Bild. Ein Profil ist nicht zu erkennen. Und neben seinen Beratern sieht er hilflos aus. Die Idee verkehrt sich ins Gegenteil: Wenn einer so viel Unterstützung braucht - ist er dann für das Amt des Regierenden Bürgermeisters geeignet? Risiken und Nebenwirkungen ihrer Strategie hat die CDU unterschätzt.

Die SPD, die jetzt so fein unterscheidet zwischen der einen CDU und der anderen, steckt ebenfalls fest. Sie hatte beim Machtwechsel alles riskiert und auf die PDS gesetzt. Wie könnte sie jetzt zurück zur Union? Das hielte der stärkste Genosse nicht aus. Meint jedenfalls die Parteispitze und sagt: Wenn es für Rot-Grün nicht reicht, koaliert die SPD mit Gysi. Es wird nicht reichen. Bleibt also nur Rot-Rot? Keine schöne Aussicht für die Sozialdemokraten - wegen der Vergangenheit, aber auch wegen der Zukunft. Je mehr Gysi redet, desto deutlicher wird die Unstimmigkeit. Wenn jetzt noch Wowereit Stellung bezöge, könnte es jeder hören: Da geht nicht viel zusammen.

Nehmen wir das wichtigste Infrastrukturprojekt überhaupt: den Großflughafen. Das Projekt ist dilettantisch geplant. Aber der Senat muss dazu stehen, sonst braucht er erst gar keinen Wirtschaftssenator. Eine Verzögerung des Ausbaus, eine Beschränkung oder gar der Verzicht auf den Standort: das würde Berlin schwer schaden. Doch was sagt Gysi, der gerne Wirtschaftssenator wäre? Ein kleinerer Flughafen wäre besser, und noch besser ein Flughafen ganz anderswo. Na, dann regiert mal schön.

Die SPD scheut die Erkenntnis, dass die CDU der passendere Partner wäre. Deshalb ist der Wahlkampf bisher so inhaltsleer. Und deshalb sucht Wowereit einen Notausgang: die andere CDU. Aber die gibt es nicht. Noch nicht. Bliebe eine Ampel. Darüber könnte gesprochen werden. Doch dafür ist die SPD zu wenig präzise. Wollen die Sozialdemokraten wirklich mit der PDS regieren, haben sie einiges zu erklären.

In acht Wochen wird gewählt. Zu wenig Zeit für die CDU, sich von Steffel zu trennen. Zu viel Zeit für Wowereit, weiter zu schweigen. Er muss sich entscheiden: für die PDS-Option oder für seine Glaubwürdigkeit. Steffel muss sich entscheiden, wer er ist. Das wird am Ende nicht doch noch in Politik ausarten?

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