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Meinung: Biblischer Inzest

„Es bleibt in der Familie“ vom 31. August In einer meiner letzten Vorlesungen im Fach Humangenetik im Virchow-Klinikum bedauerte ich meine Unkenntnis zur Ursache des „Verbotes“ über Verwandtenehen 1.

„Es bleibt in der Familie“ vom 31. August

In einer meiner letzten Vorlesungen im Fach Humangenetik im Virchow-Klinikum bedauerte ich meine Unkenntnis zur Ursache des „Verbotes“ über Verwandtenehen 1. und 2. Grades in den christlich-jüdischen Ländern. Noch während der Vorlesung meldete sich ein Student und verwies mich auf das Alte Testament, 3. Buch Mose, Kapitel 18. Hier konnte ich dann zu Hause in Ruhe über das „Verbot geschlechtlicher Verirrungen“ (Bibelübersetzung von Martin

Luther) nachlesen. Geht also unser

Verhalten zur Blutsverwandtschaft auf ein jahrtausendealtes Verbot in unserem Kulturkreis zurück? Schließlich setzte die Umorientierung des bürgerlichen Erziehungsstils erst ab den 60er Jahren in Deutschland ein und hatte trotzdem keinen Einfluss auf unser Verhalten zu Verwandtenehen. Auch der zunehmende Atheismus unter der jüdisch-israelischen und christlichen Population änderte nichts am Tabu der Konsanguinität. Die wissenschaftlichen Erklärungsversuche im Tagesspiegel dazu sind sicherlich sehr interessant, müssen sich wohl vor ca. zweieinhalb Jahrtausende alter menschlicher Lebensformen den religiösen Traditionen beugen. – Warum hat sich auch im Islam seit 650 keine Änderung im Verhalten der Ehetraditionen ergeben? Warum gehen unverändert 20–50 Prozent der Muslime Verwandtenehen ein? Es gilt hier also noch immer bewusst/unbewusst der Koran wie bei uns Thora und Bibel.

Übrigens: Die Töchter Lots haben ihrem Vater die gesunden Kinder Moab und Ben-Ammi geboren, die beide zu den Stammvätern der Moabiter bzw. Ammoniten wurden. Interessant ist, warum der Berliner Stadtteil Moabit den Namen nach einem biblischen Inzest erhielt.

Prof. Dr. Jürgen Kunze, Berlin

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