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Berliner CDU: Bitte mal schocklüften

Die Berliner CDU kann ihre Rolle als stärkste Oppositionspartei nicht ausfüllen. Nur zwei Stimmen Mehrheit hat Klaus Wowereit. Doch das ist mehr als genug für den rot-roten Senat, wenn die Opposition keine Wucht hat.

Die Opposition soll Regierung im Wartestand sein. In der Berliner Landespolitik ist das seit ein paar Monaten anders. Die stärkste der drei Oppositionsparteien, die CDU, ist auf einem politischen Egotrip. „Jamaika“, die Zusammenarbeit gegen die rot-rote Koalition, funktioniert noch, hat aber kein Flair. Das kam dem Großversuch abhanden, als CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger abgewählt wurde. Der rot-rote Senat kann weiter vor sich hinwerkeln. Nur zwei Stimmen Mehrheit hat Klaus Wowereit. Das ist mehr als genug, wenn die Opposition keine Wucht hat.

Frank Henkel, der nun Pflüger als Oppositionsführer nachfolgen will, kann kraftvoll und wuchtig auftreten. Doch Oppositionsführerschaft setzt voraus, dass die eigene Partei einen trägt. Henkel wird von den grünen und liberalen Mit oppositionellen nur für voll genommen, wenn er als CDU-Chef ernst zu nehmen ist. An diesem Wochenende wird sich zeigen, wie sehr Henkel Chef sein will – und wie sehr sie ihn Chef sein lassen.

Nach seiner Wahl am vergangenen Dienstag haben sie ihm das offenbar unvermeidliche symbolische Steuerruder in die Hände gedrückt. Wenig später war der neue Landeschef aber wieder nur Kreisvorsitzender. In einer der Runden, in der die Berliner CDU-Politik seit Jahren gemacht wird, einigten sich die starken Männer der West-Kreise auf die Liste der Kandidaten für die Bundestagswahl und die Wahl zum Europaparlament. Henkel liegt nicht falsch, wenn er das Zustandekommen dieser Runde als Drohung versteht: Bild dir nichts ein auf dein olles Steuerruder, wir steuern mit!

Nach allem, was hinterher bekannt wurde und führende Berliner CDU- Politiker erklärtermaßen „fassungslos“ machte, hatte Henkels Vorgänger im Amt, Ingo Schmitt, zu der Runde geladen. Das Ergebnis war entsprechend, in jeder Hinsicht. Die Listenplätze wurden nach Delegiertenkontigenten verteilt. Die zweite Frau in der Berliner CDU neben Monika Grütters, die Neuköllner Kreischefin Stefanie Vogelsang, war zu der Veranstaltung nicht eingeladen. Vogelsang hatte in der Krise als Einzige offen Schmitts Rücktritt gefordert; an der Parteibasis machen viele den einflussreichen Charlottenburger Politiker für Pflügers Scheitern und seinen politischen Suizid mitverantwortlich. Weil Vogelsang so frech war, aus dieser Stimmung eine Forderung zu machen, verwehrte ihr die Runde Platz sechs auf der Liste. Und Pflüger, der so gern nach Europa will, soll hinter Joachim Zeller auf Platz zwei kandidieren dürfen. Das bedeutet: Such dir besser einen anderen Job.

Ein starker Schmitt, vier Kreischefs, die unter sich ausmachen, was gut für die Berliner CDU ist, ein, zwei persönliche Demütigungen für Leute, die nicht auf Linie sind, Pflüger ins Politnirgendwo geschickt – Henkel muss sich gut über legen, wie er sein neues Amt versteht. Will er zum Reformer der Partei werden oder zum Moderator der Kreischefinteressen? Er kann an diesem Sonnabend sagen, wie er sich das Personaltableau der Berliner CDU, der stärksten Hauptstadt- Oppositionskraft, vorstellt. Wenn Henkel ernst nimmt, was an Groll auf den Regionalkonferenzen über die Führung der Partei zu erkennen war, müsste sich seine Liste von derjenigen der Kreischefs deutlich unterscheiden. Ein Landes vorsitzender, der eine Ansage macht, das wäre der Anfang von etwas. Dann fehlt immer noch eine Parteireform, die den Namen verdient – die Öffnung der Partei für die Mitglieder. Anders ist diese müde CDU nicht zu erfrischen.

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