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Meinung: Clinton-Skandal: Opposition? Welche Opposition?

Ein reaktionärer Justizminister wurde durchgeboxt, in der Antarktis soll künftig Öl gefördert werden, das Militär wird aufgerüstet, von einem gigantischen Steuerentlastungsprogramm werden überwiegend die Reichen profitieren: Keiner kann bestreiten, dass der neue US-Präsident der Opposition einige Steilvorlagen geliefert hat. Morgen, am Dienstag, wird George W.

Ein reaktionärer Justizminister wurde durchgeboxt, in der Antarktis soll künftig Öl gefördert werden, das Militär wird aufgerüstet, von einem gigantischen Steuerentlastungsprogramm werden überwiegend die Reichen profitieren: Keiner kann bestreiten, dass der neue US-Präsident der Opposition einige Steilvorlagen geliefert hat. Morgen, am Dienstag, wird George W. Bush seine Ziele dem Kongress erläutern. Geht es also hoch her in den USA? Zerfetzen die Liberalen das konservative Vatersöhnchen rhetorisch in der Luft? Nein, nichts von alledem. Die Opposition hat sich weggeduckt, sie stammelt, sie schweigt, sie ist tot.

Einen besseren Start hätte sich Bush kaum wünschen können. Er kann machen, was er will, er kann Kokain mit Kakao verwechseln, er kann den Irak bombardieren oder mit Steuergeldern religiöse Einrichtungen unterstützen. Kein Mensch kümmert sich darum. Denn die Medien-Szene beherrscht seit fünf Wochen ein anderer: William Jefferson Clinton. Am Donnerstagabend zum Beispiel haben die drei größten Nachrichtensender weniger als fünf Minuten über die erste Pressekonferenz von Bush berichtet. Die neuesten Wendungen im "Pardongate" - dem Skandal um die 140, zum Teil höchst dubiosen Begnadigungen, die Clinton an seinem letzten Amtstag erlassen hatte - waren den TV-Anstalten dagegen 21 Minuten wert.

Das Ergebnis spricht für sich: Die Stimmung hat sich gewandelt, und als Deutscher fühlt man sich unwillkürlich an den CDU-Spendenskandal erinnert, der die Schröder-Regierung rettete. Ohne dass er viel machen musste, finden Bush nach einem Monat Amtszeit plötzlich 53 Prozent der Amerikaner gut, während Clinton so (un-)beliebt ist wie im August 1998, als er zugegeben hatte, im Fall Lewinsky gelogen zu haben. Nur noch 17 Prozent der Amerikaner sind der Ansicht, dass Clinton hohe moralische Standards hat. Und kein Demokrat weit und breit, der diesem Eindruck widerspricht. Clinton hat, im Unterschied zu damals, sämtliche Fürsprecher verloren.

Als was geht er nun in die Geschichtsbücher ein: als herausragender Präsident, der eine kleine, missliche Affäre hatte, oder als politisch überschätzter, charakterlich schwacher Präsident, dessen Affären symptomatisch für ihn gewesen sind? Vor fünf Wochen hätte die Mehrheit der Amerikaner der ersten These zugestimmt. Inzwischen stellen selbst Demokraten öffentlich die Frage, ob sie sich acht Jahre lang in Clinton getäuscht haben. Das Denkmal zerbröselt.

Auch Hillary Clinton ist seit kurzem in "Pardongate" verwickelt. Sie galt als Hoffnung vieler Demokraten, sollte in vier Jahren Bush herausfordern und die erste Präsidenten der USA werden. Davon spricht jetzt niemand mehr. Der Sog dieses Skandals hat jeden erfasst, der dem alten Regime zu nahe stand. Die Opposition ist tot - und Bush im siebten Himmel.

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