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Meinung: „Den Berliner Knatsch …

… tu’ ich mir nicht an.“ Er ist geradezu der Antipode zur Berliner Baudoktrin.

… tu’ ich mir nicht an.“

Er ist geradezu der Antipode zur Berliner Baudoktrin. 1922 im sächsischen Lockwitz geboren, wurde der an der TH Stuttgart ausgebildete Architekt ohnehin mit einer gehörigen Portion Misstrauen gegen alles Preußische geimpft. Leicht und unprätentiös, hell und offen, sympathisch und demokratisch – so hat man die Architektur charakterisiert, die jahrzehntelang im Stuttgarter Büro Behnisch & Partner entwickelt wurde und mit der er, bedingt auch durch seine einflussreiche Lehrtätigkeit an der TU Darmstadt, eine ganze Architektengeneration in Südwestdeutschland geprägt hat. Prädestiniert für Gesellschafts- und Sozialbauten, Schulen vor allem, dauerte es bezeichnenderweise 30 Jahre, bis er in Stuttgart das erste größere Bürogebäude plante.

International bekannt wurde Behnisch 1972 durch den Münchner Olympiapark. Dessen von Frei Otto mit dem signifikanten Zeltdach überwölbtes Stadion wird derzeit aufs Altenteil geschickt, weil seine Qualitäten Offenheit, freier Ausblick und die heitere Atmosphäre im heutigen Fußballbetrieb nicht mehr gefragt sind. Auch in Bonn hatte Behnisch mit dem luziden Plenarsaal der Bundesrepublik ein programmatisches Gehäuse errichtet, das seitdem als Prototyp der „demokratischen Architektur“ gilt. Den Einzug des Bundestags in das herrische Reichstagsgebäude empfand er geradezu als persönliche Beleidigung.

Der Berliner Baupolitik nach Scharoun hat Behnisch aus der Ferne jahrzehntelang verständnislos zugesehen. Mit Ungers, später mit Kleihues, Kollhoff und Stimmann („Syndikat von Berlin haben wir es genannt“) verband ihn immer eine herzliche Antipathie. Nun konnte er als allerletzter der bedeutenden deutschen Architekten der Gegenwart doch noch in Berlin bauen.

Es entsprach seinem Naturell, dass er keine „Berlinische Architektur“ abliefern, „nicht im gleichen Schritt mitmarschieren“ wollte und dass er bei der Akademiefassade kompromisslos blieb. In 50 Jahren kam ihm kein Naturstein an die Fassade, also auch nicht am Pariser Platz.

Aus dem „Berliner Knatsch“, hielt er sich heraus. „Die Akademie hat unsere Arbeit ausgesucht, insofern saß sie mit in der Tinte“. Aber sie hat ihre Unabhängigkeit gewahrt und den Entwurf durchgesetzt. So konnte Behnisch quasi auf „exterritorialem Gebiet“ sein architektonisches Statement im steinernen Berlin abgeben.

Behnisch, Behnisch & Partner heißt das Büro mittlerweile; Günter Behnisch hat den Staffelstab an den Sohn Stefan weiter gereicht, der dem aktuellen Trend zur Globalisierung folgt. Die Website ist in englischer Sprache, geplant wird jetzt mehr für Las Vegas und Los Angeles, für Moskau und Dubai – es ist nicht mehr seine Welt.

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