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Meinung: Der Katzenkiller

Ein Zoo ist keine Kirmes, sagt Berlins Direktor Bernhard Blaszkiewitz - recht hat er. Was zuviel ist, geht zu weit.

Welch ein Zirkus, was für ein Affentheater: Die Berliner wissen jetzt mehr über den Zoo, den Tierpark und ihren gemeinsamen Direktor, als sie jemals wissen wollten – zum Beispiel, dass er Silberfischchen als Haustiere hält und einen Ritterorden führt.

Was sie eigentlich wissen sollten, bleibt dagegen im Bürokratendschungel verborgen: Hat Bernhard Blaszkiewitz Fördergelder veruntreut? Ließ er Zoo und Tierpark überzüchten? Verscherbelte er Nachwuchs an dubiose Händler? Wurden Flusspferde zu Steaks verhackstückt, Bären als Trophäen präpariert, Tiger zu Potenzpulver zermahlen? Oder sind tatsächlich nur, wie der Direktor behauptet, eine Ameise und eine Biene verschwunden, freiwillig und auf eigene Verantwortung?

Kaum etwas erregt die Stadtseele derzeit mehr als die Ermittlungen im Gehege, abgesehen vielleicht von den Ernährungstipps des Finanzsenators und den Bruchpiloten von Tempelhof. Das aber liegt vor allem an vier armen Kätzchen, denen der Direktor vor siebzehn Jahren das Genick brach – artgerecht, wie Blaszkiewitz betont, und zum Schutz anderer Tiere vor eingeschleppten Krankheiten. Welch eine Enthüllung. Seitdem wird der Direktor von manchen in Berlin nur noch „der Katzenkiller“ genannt, was aber auch daran liegen mag, dass sein eigentlicher Name vielen zu kompliziert auszusprechen und zu buchstabieren ist.

Inzwischen hat sich die tierische Angelegenheit auch noch zu einer veritablen Ost-West-Klamotte entwickelt, was wiederum manches erklärt. Glaubt man einigen früheren und heutigen Angestellten vom Tierpark Friedrichsfelde, hat sich Blaszkiewitz dort seit seinem Amtsantritt 1991 wie ein richtig schlimmer Besserwessi verhalten. 1991 – das war die Zeit, als eine neu gegründete Boulevardzeitung mit der Schlagzeile „Angeberwessi mit Bierflasche erschlagen – ganz Bernau freut sich, dass er tot ist“ zwar auch keinen lebensrettenden Auflagenschub erzielte; aber die Stimmung war nicht überall nett.

Wahrscheinlich hat sich der Direktor damals tatsächlich wie ein Besatzer aufgeführt, der die Wilden kolonialisiert. Wahrscheinlich hat das vielen nicht gepasst. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass jetzt viel Bärenmist vor des Direktors Füßen abgekippt wird. Ein bisschen Mäusedreck ist auch darunter. So gibt sich die Tierschutzbeauftragte der Grünen über Blaszkiewitz entrüstet, weil Knut lebende Karpfen verfrühstückt. Die organisierten Homosexuellen nehmen ihm übel, dass er die Gay Night im Zoo abgesagt hat. Die Berlinwerber sind empört, weil er Knut nicht besser vermarktet. Blaszkiewitz sagt, er möchte einen Zoo und einen Tierpark leiten, aber keine Kirmes. Was ist so falsch daran?

Im Statut des Ritterordens, dem der Direktor angehört, heißt es, die Ideale der Kreuzzüge sollen in neuzeitlicher Form weiterleben. Da kann man ja wirklich von Glück sagen, dass es bis jetzt nur ein paar Katzen an den Kragen ging. Immerhin: Wie man die artgerecht erlegt, wissen wir jetzt. Wie man jedoch einen Zoodirektor artgerecht erledigt, das wissen wir noch nicht.

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