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Die Schuldenuhr tickt weiter

© dpa

Staatsverschuldung: Der Lohn verliert seinen Wert

Auch Deutschland verschuldet sich weiter – davon profitieren vor allem Wohlhabende. Denn wer keine hohen Zinseinkünfte hat und in erster Linie von täglicher Arbeit lebt, verliert doppelt.

Wenn es etwas gibt, was Deutschlands verhandlungszermürbten Euro-Politikern ein Lächeln auf die Lippen zaubern kann, dann dies: Je penetranter der Schuldenmüll der Südländer stinkt, desto weniger wird hingeschaut, wie sorgfältig die schwäbische Hausfrau ihr Treppenhaus kehrt. Im Ausland sind sie sich inzwischen sicher, dass die Deutschen Austeritätsfanatiker sind. Dabei ließe sich dieser Vorwurf ziemlich einfach widerlegen, mit einem Verweis auf die eigene Haushaltsführung.

Das Bundesfinanzministerium hat jetzt publik gemacht, dass die Bundesrepublik 2016 zum ersten Mal in ihrer Geschichte mit der Schuldentilgung beginnen will. Eine Milliarde von bis dato 2042 Milliarden Euro Verbindlichkeiten soll dann zurückgezahlt werden. Wenn nicht eine Krise kommt.

Dass die Deutschen nicht nur wegen der Eskapaden freigiebiger Südländer weiterhin auf Pump leben, machen dabei folgende Zahlen deutlich: Die Schuldenlast der Bundesländer ist innerhalb eines Jahres um 4 Prozent gestiegen. Das ist ein mehr als doppelt so starker Anstieg wie bei der Bundesschuld – obwohl aus den Landeshaushalten direkt gar nichts Richtung Mittelmeer fließt.

Nun sind Kredite nicht immer Teufelszeug. Eine moderne Wirtschaft kann ohne sie wohl gar nicht funktionieren. Wie sollten sich junge Unternehmer oder expandierende Konzerne auch sonst Kapital beschaffen, um herauszufinden, ob ihre Ideen am Markt bestehen? Auch dass staatliche Finanzspritzen zumindest kurzfristig die Konjunktur am Laufen halten, so wie es jetzt vor allem Politiker auf der linken Seite insinuieren, ist nicht grundlegend falsch. Doch es lohnt sich, nicht nur einen Blick auf den Schuldner zu werfen, sondern auch auf jene, die in Zukunft auf den Forderungen sitzen.

Die Schuldenblase nämlich stärkt in erster Linie diejenigen, die sowieso schon Kapital besitzen. So absurd es ist, dass Deutschland zurzeit Geld für 0,0191 Prozent leihen kann, so sehr sind Staatsanleihen insgesamt ein gutes Geschäft für Anleger geblieben. Gerade deshalb sind ja auch die Banken vor und während der Krise in großem Stil in die Staatsfinanzierung eingestiegen. Wer dagegen keine hohen Zinseinkünfte hat, wer in erster Linie von täglicher Arbeit lebt, verliert doppelt: Über Steuern finanziert er die Zinszahlungen des Staates mit; über eine höhere Inflationsrate, die eine hohe Staatsverschuldung meist mit sich bringt, verliert sein monatlich gezahlter Lohn an Wert.

Deshalb sind hohe Staatsschulden erst in zweiter Linie ein Generationenproblem. In erster Linie sind sie ein Umverteilungsproblem. Nicht nur Verbindlichkeiten, auch Forderungen werden vererbt. Es wird also auch in Zukunft Investoren geben – Banken und Großanleger inklusive –, die davon profitieren, dass der Staat immer noch Schulden macht, weil sichere Staatsanleihen über Generationen ein zuverlässiges Geschäft bleiben. Das zumindest sollten all jene bedenken, die jetzt einfach weiter Schulden aufnehmen möchten.

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