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Papst Benedikt XVI. während der Dreikönigs-Messe am 6. Januar 2010 im Petersdom.

© dpa/Claudio Onorati

Der Papst im Elfenbeinturm: Benedikt XVI. misszuverstehen, fiel vielen leicht

Sein Anspruch war hoch. Doch eine gemeinsame Sprache fand er nicht. Am Ende fehlte Benedikt die Kraft für seine eigentlich wichtigste Aufgabe.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Sein Glaube war so groß, sein Intellekt, seine Bescheidenheit hat viele beeindruckt. Benedikt XVI., Professor Papst, das erste deutsche katholische Kirchenoberhaupt nach fünf Jahrhunderten, aus dem Mutterland der Reformation – das wird bleiben.

War er weise? Nun, er war gelehrt, brillanter Theologe, beredter Mittler zwischen Glaube und Vernunft. Und auf der Suche nach einem neuen Wir-Gefühl. Wie 2005 bei seinem Besuch auf dem Weltjugendtag in Köln. Der war gelungen.

Einheit der Christen, Dialog der Religionen, Miteinander von Religion und Gesellschaft – Benedikt wollte viel. Sein Anspruch war hoch. Er suchte das Gespräch mit Juden und Muslimen, mit den Konfessionen weltweit. Aber es zeigte sich: Eine gemeinsame Sprache zu finden, fiel ihm nicht leicht. Es wirkte, als schaue er aus dem Elfenbeinturm der Gelehrsamkeit auf die Welt. Ihn misszuverstehen, fiel daher vielen leichter.

Nicht erst als Präfekt der Glaubenskongregation, schon als Oberhirte in München wusste Benedikt vom sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung in seiner Kirche. Das Leid der vielen Opfer: Hier war er in der Verantwortung. Und wusste um sie.

Ihm fehlte am Ende die Kraft

Sein historischer Rückzug vom Amt des Papstes im Jahr 2013 war gewiss auch dem geschuldet. Benedikt XVI. hätte die Aufklärung des Missbrauchs in der katholischen Kirche energischer vorantreiben können und müssen. Aber ihm fehlte am Ende die Kraft.

So kam es zu dieser Zäsur. Sie lenkte immerhin das Augenmerk in aller Welt auf die noch zu bewältigenden horrenden Aufgaben der Kirche. Wie die Reformen, die in diesem Pontifikat unglückseligerweise unterblieben.

Dass Benedikt als erster Papst in einem freigewählten deutschen Parlament sprach, über Grundlagen des freiheitlichen Rechtsstaates und der Demokratie, zur Würde des Menschen und zur Ökologie, hat nicht nur bleibenden Eindruck beim Bundespräsidenten hinterlassen, der das hervorhob. Auch die Debatten um seine Worte insgesamt lohnen, erinnert zu werden.

Und dieses eine: ‚Deus caritas est – Gott ist die Liebe‘, Titel seiner ersten Enzyklika. Wer liebt, verzeiht. Wollen wir hoffen, für uns, für ihn.

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