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Prinzessin Caroline (rechts) mit Modedesigner Karl Lagerfeld

© AFP

EU-Gericht entscheidet gegen Prinzessin Caroline: Die bunten Blätter bleiben bunt

Promis haben Rechte, brauchen aber kein Mitleid. Im Streit zwischen den Prinzessinnen und Kachelmännern dieser Welt und den Medien geht schon wieder das Maß verloren.

Wäre die Pressefreiheit in Deutschland eine Sau, sie wäre ein fröhliches und quicklebendiges Schweinchen, dick und rund mit festen Borsten. Doch anders, als es dem Mastvieh so ergeht, wäre sie dies nicht: gefährdet. Danke, es geht uns gut, weshalb ein Bundespräsident, der einem Chefredakteur „droht“, zwar aus der Rolle fällt, aber nicht taugt als Menetekel künftiger Zensur.

Doch auch wenn es gut ist – es muss nicht alles zum Besten stehen. Daran erinnern die Urteile vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Sachen Caroline und „Bild“. Die Presse, die Prominenten und ihre Persönlichkeitsrechte, es scheint, als bekämen wir es einfach nicht hin. 2004 mussten die Straßburger Richter ihren deutschen Kollegen erklären, dass auch Adlige ab und zu allein sein dürfen. Weil nun hierzulande von allen Szenarien immer das düstere das allein denkbare ist, war man sich schnell einig. Europa macht die freie Presse kaputt.

Aber wir haben uns belehren lassen. Das gescholtene „Caroline-Urteil“ damals verhalf nicht nur einer Prinzessin zu ihrem Recht, es gab den hiesigen Gerichten auch eine brauchbare Messlatte an die Hand, um zu befinden, wann die bunten Blätter zu weit gegangen waren. Nur: Wenn wir lernen, dann gründlich. Und natürlich wollen wir besser werden als unsere Lehrer. Also bekam mancher Promi eine Art Freifahrtschein, wie etwa jener Vorabendserienheld, der meinte, im VIP-Zelt auf der Münchner Wiesn mit Kokain unterwegs sein zu müssen. Dieser kleine Racker sollte also vor der bösen Medienmeute errettet werden, dachten sich die deutschen Juristen. Ein TV-Kommissardarsteller als Koksnase – Privatsache, meinten die Richter, die jetzt alles besonders richtig machen wollten und dabei schon wieder das rechte Maß verloren.

Zum Besten kann es also nicht stehen, wenn die Bundesrepublik wegen eines Verstoßes gegen die Meinungsfreiheit verurteilt wird. Ein Urteil, das ernst zu nehmen ist und das sich vor allem an deutsche Gerichte wendet. Abwägung ist eine Frage der Balance und bedeutet nicht, sich zwischen Extremen zu entscheiden. Promis haben Rechte, brauchen aber kein Mitleid. Das gilt vor allem, wenn es um Straftaten geht – sogar wenn die Betroffenen unschuldig sind.

So überzieht etwa Deutschlands bekanntester Freigesprochener Jörg Kachelmann derzeit die Medienlandschaft erfolgreich mit Klagen. In vielen Fällen begründet, in anderen nicht. Im Prozess hatte er darauf verzichtet, die Öffentlichkeit ausschließen zu lassen, wenn sein Intimleben zur Sprache kam, nun klagt er gegen entsprechende Berichte. Zudem hatten seine Anwälte die Medien mit Prozessakten gefüttert, um die öffentliche Stimmung zu drehen. Wer mit solchen Bandagen kämpft, wer sich den Medien öffnet und sich mit ihnen verbündet, der verdient nicht denselben Schutz wie einer, der sich ihnen verweigert. Darauf hat auch der Menschenrechtsgerichtshof jetzt noch einmal hingewiesen.

Auch der gesündesten Sau muss man nicht aufs Schwänzchen treten. Sonst quiekt sie. Zu Recht.

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