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Meinung: Dusel für den Diesel

Beim Streit um die Dieselsteuer spielt das Klima eine Nebenrolle

Beim Auto versteht der Kanzler keinen Spaß. Daran sind im Verlauf seiner Regierungszeit schon ernsthaftere Debatten gescheitert als die neueste um die Besteuerung von Dieselkraftstoff. Der Vorschlag, eine höhere Mineralölsteuer auf Diesel zu erheben und im Gegenzug die Kraftfahrzeugsteuer entsprechend des Schadstoffausstoßes zu senken, ist vernünftig. Er hat aber wenig Aussicht auf Erfolg. Da ist Gerhard Schröder vor. Vermutlich aber auch die Länder. Die Kraftfahrzeugsteuer fließt in ihre Kassen, während die Mineralölsteuer dem Bund zusteht.

Der Vorteil von Dieselfahrzeugen ist, dass sie den Kraftstoff effizienter verwerten können und deshalb weniger Kohlendioxid ausstoßen als die meisten Benziner. Der Nachteil: Sie emittieren mehr Stickoxide, die im Hochsommer zur Entstehung von Ozon beitragen. Auch bodennahes Ozon trägt zum Treibhauseffekt bei. Und der Ausstoß von Rußpartikeln liegt deutlich höher. Dieselruß ist krebserregend. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Aber die Neigung der deutschen Automobilindustrie, das Problem durch den Einbau von Rußfiltern zu lösen, ist gering. Denn Rußfilter verrußen. Irgendwann verbraucht das Auto wegen des verdreckten Rußfilters deutlich mehr Kraftstoff. Der ökologische Vorteil wird also teilweise wieder aufgehoben. Außerdem kosten Rußfilter Geld. Und wenn die Technik nicht für das ganze Leben eines Autos reicht, der Filter also irgendwann einmal ausgetauscht werden muss, kostet das wieder Geld.

Die Frage lautet: Was ist schlimmer? Der Klimawandel, wenn mehr Autos mit einem höheren Kohlendioxidausstoß herumfahren. Oder die krebserregende Wirkung von Rußpartikeln steuerbegünstigter Dieselfahrzeuge. Diese Frage beantwortet niemand in der Bundesregierung. Eine Antwort ist, zugegeben, auch schwer zu finden. Aber Tatsache ist auch, dass die französische Autoindustrie bereits serienmäßig Rußpartikelfilter in ihre Dieselfahrzeuge einbaut. Wenn die französische Industrie das kann, warum kann es die deutsche nicht? Die Initiative von Umweltminister Jürgen Trittin und Frankreich, die Grenzwerte für Ruß in der ganzen Europäischen Union deutlich zu verschärfen, ist deshalb genau das richtige Mittel, um dieses Problem zu lösen.

Doch die Frage, wie die Risiken von Dieselfahrzeugen richtig gewichtet werden können, ist damit nicht beantwortet. Sie wird offen bleiben. Die Diskussion um die Dieselsteuer ist ein klassisches Beispiel dafür, wie sich Bund und Länder gegenseitig blockieren. Es geht immer seltener darum, was sachlich geboten ist, sondern in wessen Kassen die Einnahmen aus einer willkürlichen Steueraufteilung fließen. So wird der Föderalismus zur Bremse für die Lösung von Sachfragen.

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