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Adolf Sauerland, Rainer Speer, Peter Strieder und Klaus-Rüdiger Landowsky (v.l.)

© dpa

Eingestellte Ermittlungen: Was nicht justiziabel ist, kann doch wichtig sein

Sauerland, Speer, Strieder, Landowsky: Trotz der Einstellung von Ermittlungen bleibt das Nachbohren von Journalisten notwendig. In allen Fällen ist erhebliches Fehlverhalten aufgedeckt worden.

Ermittlungen gegen Adolf Sauerland eingestellt, Ermittlungen gegen Rainer Speer eingestellt – so heißt es lapidar in den Nachrichten über den Oberbürgermeister von Duisburg und den früheren Brandenburger Innenminister. War’s das? Wohl kaum.

Der Fall Speer weist Ähnlichkeiten mit anderen Politikerrücktritten im Zusammenhang mit Affären auf, politischen wie privaten; Peter Strieder und Klaus-Rüdiger Landowsky gehören aus Berliner Sicht dazu. Es gibt aber auch einen gravierenden Unterschied.

Zunächst zu den Ähnlichkeiten. Die Vorwürfe sind vielschichtig. Es vermischt sich bei der Beurteilung sowohl durch die Betroffenen selbst wie auch ihrer verfolgenden Indiziensammler aufseiten der Medien und der Justiz (und der politischen Gegner) die moralische, politische und juristische Verantwortung zu einem schwer genießbaren Brei. Schuldig oder nicht schuldig – das lässt sich generell in kaum einem dieser Fälle sagen.

Strieder und Landowsky konnte vor Gericht nichts Relevantes nachgewiesen werden. Bei Sauerland und Speer kam es gar nicht erst zu einer Anklage, schon die Ermittlungen wurden eingestellt.

Aber welche? Bei Speer waren es die wegen des Verdachts einer falschen eidesstattlichen Versicherung. Deswegen aber ist Speer nicht gestürzt. Er ist weiterhin verwickelt in eine noch aufzuklärende Immobilienaffäre, und der Vorwurf, auf den sich die eidesstattliche Versicherung bezog, besteht fort: Speer soll sich um Alimente für ein uneheliches Kind gedrückt, die Kindsmutter zwischenzeitlich staatliche Unterstützung bekommen haben. 20 000 Kinder bekommen in Brandenburg Unterhalt vom Amt, weil ein Elternteil bedürftig ist oder abtaucht. Mehr als 800 Millionen Euro zahlt der Staat jährlich bundesweit für säumige Väter. Da ist ein säumiger Innenminister ein Politikum; entsprechende Recherchen und Berichte muss er sich gefallen lassen.

Ähnlich ist den meisten Fällen auch, dass sich die betroffenen Politiker in einer Medienmühle wiederfinden, die sie als unmenschlich empfinden und die es zuweilen auch ist. Mancher Fall entwickelt eine schwer kontrollierbare Eigendynamik; nicht jede Weiterdrehe einer Geschichte, nicht jede Zuspitzung, nicht jeder Kommentar hält kritischer Nachbetrachtung stand.

Dennoch bleibt das Nachbohren, der Skeptizismus, das Insistieren von Journalisten notwendig. In allen genannten Fällen ist erhebliches Fehlverhalten aufgedeckt worden, moralisch und politisch, selbst da, wo es nicht justiziabel war. Wer für die Öffentlichkeit, im Dienst der Öffentlichkeit und auf Kosten der Öffentlichkeit arbeitet, muss es sich gefallen lassen, dass genau hingesehen wird.

Die Fälle unterscheiden sich allerdings darin, wie genau. Die Veröffentlichung privater E-Mails zwischen Speer und der Mutter des Kindes waren eine Grenzüberschreitung, geeignet vor allem zur Befriedigung eines unterstellten (und wahrscheinlich sogar vorhandenen) voyeuristischen Interesses. Zur Darstellung des Sachverhalts hätte eine Umschreibung der Umstände völlig gereicht.

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