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ELIO DI RUPO: „Seriosität, ohne sich darin zu verlieren“

Elio di Rupo ist das scheinbar unmögliche gelungen: Belgien hat nach 541 Tagen endlich wieder eine Regierung - unter der Führung des Wallonen.

Er ist ein Zauberer. Diese feinen Gesichtszüge, die adrette Kleidung, die zarte Brille und vor allem diese rote Fliege! Bei jeder Gelegenheit trägt Elio di Rupo den Querbinder, der sein Markenzeichen wurde. „Das ist vielleicht ein Ausdruck meiner Persönlichkeit“, hat er einmal gesagt. „Seriös zu sein, ohne sich in der Seriosität zu verlieren.“ Deswegen ist die Fliege frech rot und nicht bieder schwarz. Dass er sie nun in Funktion des belgischen Regierungschefs tragen wird, ist die eigentliche Magierleistung. Dem 60-Jährigen ist es gelungen, die zerstrittenen Parteien des niederländischsprachigen Nordens und des frankophonen Südens zu einen. Dank di Rupo hat Belgien seit Dienstag, 541 Tage nach den Wahlen, endlich wieder eine Regierung.

Sechs „Formateurs“ waren zuvor gescheitert, auch di Rupo selbst hatte den Versuch, eine Regierung zu bilden, in den anderthalb Jahren zweimal aufgegeben. Doch aufgrund der erdrückenden Haushaltslage schaffte di Rupo das Unmögliche: Der Bürgermeister der Stadt Mons und Chef der frankophonen Sozialisten (PS) verhandelte mit viel Geschick und Bedachtsamkeit, die angesichts der heiklen Situation des nicht nur sprachlich gespaltenen Landes unabdingbar ist.

Di Rupo ist das jüngste von sieben Kindern einer italienischen Gastarbeiterfamilie, die ihr Glück in den wallonischen Bergbaugebieten suchte. Der Vater starb, als er ein Jahr alt war, die Kinder wuchsen in Armut auf. Mit Stipendien studierte er Chemie, promovierte und wurde sozialistischer Studentenführer. Di Rupo ist das erste Migrantenkind, das es in Belgien zum Regierungschef bringt, einen „amerikanischen Traum in Belgien“ nennt das der flämische Liberale Vincent Van Quickenborne. Aus seiner Herkunft macht di Rupo ebenso wenig ein Geheimnis wie aus seiner Homosexualität. In Belgien ist es heute kein Thema mehr, dass di Rupo nun der erste offen schwule Regierungschef der Welt ist. Er geht in vielerlei Hinsicht für Belgien neue Wege.

Denn di Rupo ist zudem der seit langem erste frankophone Kabinettschef, den traditionell die größere Bevölkerungsgruppe der Flamen stellt. Und er ist seit 1974 der erste sozialistische Premier – der allerdings harte Sparmaßnahmen ansetzen muss. Sein Erfolg wird davon abhängen, ob er es schafft, die Flamen einzubinden, die immer größere Sympathien für die Nationalisten haben und bereits über di Rupos schlechtes Niederländisch lästern. Ob er auch dafür eine Zauberformel hat?

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