zum Hauptinhalt

Europa und die Krise: Zurück zu Schuman

Die Zeiten sind nicht gut für Europa, und gerade deshalb wird es jetzt Zeit für Europa. Was Europa eigentlich ist – spätestens jetzt ist es für jeden greifbar.

Die Zeiten sind nicht gut für Europa, und gerade deshalb wird es jetzt Zeit für Europa. Was Europa eigentlich ist – spätestens jetzt ist es für jeden greifbar. Im Bundestag, beim Gipfel der Euroländer, bei dem die Milliardenhilfen für Griechenland endgültig beschlossen wurden, ist klar geworden: Die Schulden Athens gehen uns alle an, die Gefahr eines Übergreifens der dortigen Haushaltskrise auf Portugal und Spanien ist mehr als bloßes Gerede. Und die führenden Vertreter Europas – die Staats- und Regierungschefs, die Europäische Zentralbank und die EU-Kommission – müssen im Eiltempo nun ein Kunststück fertigbringen: Sie müssen den Kampf gegen die Spekulanten aufnehmen und gleichzeitig ihre gemeinsame Währung stabil halten.

Es ein geschichtlicher Zufall, dass der alte Kontinent ausgerechnet jetzt mit seiner größten Krise seit Bestehen der europäischen Schicksalsgemeinschaft konfrontiert ist, da sich die historische Rede von Robert Schuman zum 60. Mal jährt. Am 9. Mai 1950 präsentierte der damalige französische Außenminister in Paris seine Idee eines Europas, das aus Kohle und Stahl geboren werden sollte. Dies war der Gründungsmoment der heutigen Europäischen Union. Und jetzt sieht es erneut danach aus, als könnte sich, trotz allem, Großes anbahnen in Europa. Beim Gipfel der Euroländer haben die Staats- und Regierungschefs beschlossen, eine Brandmauer nicht nur um Griechenland, sondern um alle gefährdeten Euro-Staaten zu errichten. Und unter dem Druck der Finanzmärkte rücken die Euro-Länder dabei auch politisch enger zusammen.

Was das für Angela Merkel heißt, die noch im März als „Eiserne Kanzlerin“ gefeiert wurde? Leicht gefallen ist ihr der Brüsseler Gipfel-Beschluss mit Sicherheit nicht. Schließlich ging es ihr in dieser Krise zunächst einmal darum, die Stabilität des Euro zu wahren. Merkel, davon ist auszugehen, wird dieser Linie auch weiterhin folgen. Aber in diesen Tagen hat etwas anderes Vorrang: Die Idee, dass Europa auch Solidarität braucht, damit es ankommen kann in den Herzen seiner Bürger. Europa steht in diesen krisenhaften Maitagen des Jahres 2010 wieder einmal an einem Wendepunkt – wie damals, als Robert Schuman seine Vision eines geeinten Europas verbreitete. Merkel hat es nun in der Hand, den Wandel hin zu einer politischen Union gemeinsam mit Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy zu gestalten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false