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Foto: pa-dpa

© picture alliance / dpa

George Osborne:: „Ein Wunder wäre es, wenn ich populär wäre“

Er ist der Schatzmeister der britische Regierung und stand kurz vor dem Rausschmiss. Nun hängt an George Osborne auch das Schicksal des Premiers. Ein Porträt.

Diejenigen, die vor der gestrigen britischen Kabinettsumbildung seinen Kopf forderten, wurden enttäuscht. Der britische Schatzkanzler George Osborne darf der unpopulärste Politiker Großbritanniens bleiben – eine Rolle, für die er bestens geeignet ist. Als er am Sonntag in einem BBC-Studio danach gefragt wurde, blinzelte der für seine Unerschütterlichkeit unter heftigstem Feuer von Freund und Feind bekannte Politiker nur gelassen: „Es wäre angesichts unserer Wirtschaftslage ein Wunder, wenn es anders wäre.“

Am Montag verlieh er die Medaillen für den 400-Meter-Lauf der paralympischen Kategorie T38 und es geschah Unerhörtes: Zum ersten Mal nach Wochen ungebremster Begeisterung hörte man Buhrufe im Olympiastadion. Eine Vorahnung auf die nächsten Wahl ?

Premier Cameron denkt offensichtlich, dass Osborne Zukunft hat – obwohl die Wirtschaft stagniert, und das Defizit, weit davon entfernt, durch die rigorosen Sparmaßnahmen abgebaut zu werden, weiter wächst. Indem er die Chance ausschlug, Osborne zu feuern – wie es Tory-Rechte forderten, weil ihnen die Bemühungen um Einsparungen und Konjunkturaufschwung zu gering sind – verband er sein eigenes Schicksal mit Osbornes Strategie.

In Wahrheit hatte er keine andere Möglichkeit. Osborne zu feuern wäre das Eingeständnis des Scheiterns gewesen. Cameron segelt nun unter der Flagge Tina, die einst Frau Thatcher hisste: „There is no alternative.“ Nur dass dies sich nicht auf Marktgesetze bezieht, sondern das Korsett der Koalitionsregierung, die bis 2015 aneinandergekettet ist. Osbornes Auswechseln hätte die komplizierte Balance der Koalition zerstört.

Trotzdem wird nun darüber debattiert, ob Osborne doch ein bisschen degradiert wurde. Einmal wurde sein größter Wunsch nicht erfüllt: Der viel bewunderte, reformfreudige Sozialminister Ian Duncan Smith, der sich weigert, weitere Schnitte in seinem Haushalt zu akzeptieren, blieb in seinem Amt.

Schlimmer noch: Der frühere Schatzkanzler Ken Clarke, als Justizminister den Rechten zu liberal, wurde zwar zum Minister ohne Geschäftsbereich demontiert, soll aber nun seine Erfahrungen als erfolgreichster Haushaltssanierer der Nachkriegsgeschichte mit in die Regierung einbringen – als graue Eminenz im Schatzamt? Vielleicht wurde Osborne doch heimlich ausgewechselt und es sollte nur keiner merken? Matthias Thibaut

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